Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIX. Jahrgang, 1918. (29)

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Ackerbau-, Handwerker= und Industrieschulen, in 
denen jeder lernbegierige Eingeborene praktische 
Unterweisung in den verschiedenen Lehrfächern 
erhält. Mit dieser methodischen Erziehung zu 
geordneter Arbeit wird ein doppelter Zweck er- 
reicht. Einmal wird die gesamte Lebenshaltung 
der Eingeborenen eine bessere, denn sie lernen 
die reichen, ihnen zur Verfügung stehenden Natur- 
schätze vorteilhafter auszunutzen. Dann aber werden 
sie durch die allmähliche Gewöhnung an erhöhte 
Bedürfnisse von selbst dazu gebracht, durch ihrer 
eigenen Hände Arbeit die notwendigen Mittel 
zur Bestreitung der gesteigerten Bedürfnisse zu 
verdienen. Auf diese Weise wiederum erhält der 
weiße Pflanzer die nötigen einheimischen Arbeits- 
kräfte und durch die gesteigerte Kauflust und 
Kaufkraft der Händler den für seine Waren ge- 
wünschten Absatz. 
Die Mission begnügt sich aber nicht damit, 
die Eingeborenen rein mechanisch zu tüchtigen 
Ackerbauern, Pflanzungsarbeitern oder Hand- 
werkern herauszubilden, sie ist vielmehr dar- 
auf bedacht, neben der Handfertigkeit das sitt- 
liche und geistige Niveau der Eingeborenen zu 
heben. Zu diesem Zwecke haben die protestan- 
tischen wie die katholischen Missionen allenthalben 
Schulen eingerichtet, und zwar in der Hauptsache 
Elementarschulen mit dem Bildungsgange un- 
gefähr unserer Volksschulen. Den Fortgeschrittenen 
stehen auch gehobenere Schulen zur Verfügung. 
In den Missionsgebieten, in denen das Bekehrungs- 
werk bereits weiter gediehen ist, wie z. B. in 
Samoa, dessen Einwohner, wie ich bereits er- 
wähnt habe, seit Jahrzehnten Christen sind, sind 
eigene Lehrer= und Predigerseminare eingerichtet. 
Durch diese Schulen gewinnen die Missionen die 
heranwachsende Jugend für sich und bilden in 
ihnen eingeborene Helfer und Lehrer aus, die 
ihnen im Verkehre mit den Stammesgenossen 
nützliche Dienste leisten. Welch bedeutenden 
Raum in dem Wirken der Missionen das Schul- 
wesen einnimmt, wollen Sie daraus ersehen, daß 
bei Kriegsausbruch 2681 protestantische Missions= 
schulen mit 113 942 Schülern und 1940 katho- 
lische mit 111 867 Schülern in unseren Kolonien 
bestanden. Bei diesen Zahlen bedarf es keines 
besonderen Hinweises, daß die Missionen auch 
  
auf dem Gebiete des Schulwesens den staatlichen 
Organen eine große Arbeits= und Kostenlast ab- 
nehmen. 
Das gleiche gilt auf dem Gebiete der Wohl- 
fahrtspflege. Es gibt kaum eine katholische oder 
protestantische Missionsstation, auf der nicht Kranken- 
pflege geübt wird. Missionare und Missionsschwestern 
wetteifern untereinander in dem selbstlosen und 
aufopferungsvollen Liebeswerke. Wesentlich auch 
in der Bekämpfung der Seuchen, ich erinnere nur 
an die Schlafkrankheit und den Aussatz, haben die 
Missionen die staatliche Gesundheitspflege in der 
wirksamsten Weise unterstützt. Zahlreiche Kranken- 
häuser und Apotheken, Waisenhäuser, sodann auch 
Gesundheits= und Erholungsstationen, wie z. B. 
in Deutsch-Ostafrika und Deutsch-Neuguinea, die 
auch den Europäern zugute kommen, legen Zeugnis 
ab von dem umffassenden Werke der Missionen 
auf dem Gebiete der Kranken= und Wohlfahrts- 
pflege. In den letzten Jahren vor Kriegsausbruch 
sind die Missionen immer mehr dazu übergegangen, 
selbst geschultes ärztliches und berufsmäßig aus- 
gebildetes Krankenpflegerpersonal in unsere 
Kolonien hinauszuschicken. 
Ein weiteres wichtiges Feld der Tätigkeit, 
das ich berühren muß, wenn ich mir nicht den 
Vorwurf der Unvollständigkeit und in meiner 
Eigenschaft als Leiter der Kolonialverwaltung 
auch den der Undankbarkeit zuziehen will, ist die 
umfangreiche wissenschaftliche und literarische 
Arbeit, die von den Missionaren beider Konfessionen 
geleistet wird. Namentlich auf dem Gebiete der 
Erforschung der Eingeborenensprachen haben sich 
die Missionare durch die lbersetzung der Bibel 
und durch Herausgabe von Grammatiken, Wörter- 
büchern, Gebets= und Gesangbüchern sowie anderer 
mit dem Missionswesen im Zusammenhang 
stehender wissenschaftlicher und pädagogischer Werke 
ein bleibendes Denkmal gesetzt. Auch mit dieser 
Arbeit haben sie der Kolonialregierung als Pfad- 
finder und Wegebereiter dienen können. Aber 
auch auf anderen' Gebieten der reinen und an- 
gewandten Wissenschaft, wie Geographie, Geologie, 
Ethnographie, Literaturgeschichte, ferner Botanik 
und Zoologie liefern die Missionare der fach- 
wissenschaftlichen Forschung dauernd wertvolle 
Beiträge. Die Kolonialverwaltung erkennt auch
	        
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