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Truppenführern Männer gegeben, die dem ver-
dienstlichen Wirken der Sendboten Gottes Achtung
gezollt haben, und es ist in manchen Bezirken,
so z. B. in Neuguinea, zum Teil auch in Deutsch-
Südwestafrika und Togo, deutschen Missionen
möglich gewesen, ihre Arbeit in beschränktem
Umfange fortzusetzen. An anderen Stellen aber,
so namentlich aus Kamerun und aus Deutsch-
Ostafrika, nach kürzlich eingetroffener Nachricht
auch aus Togo, ist der weitaus größere Teil der
Missionare weggeschleppt, sind die Missionsstationen
geplündert und verwaist. Das jäh unterbrochene
Werk liegt brach danieder! Mit dem größten
Zynismus haben sich unsere Feinde, die nicht
müde werden, uns jeden Sinn für Vertragstreue
abzusprechen, über die Bestimmungen der Haager
Konvention bei ihrem Vorgehen gegen die fried-
liche weiße Bevölkerung einschließlich der Missions-
angehörigen hinweggesetzt. In Zentralafrika
hätten sie besondere Veranlassung gehabt, den
Missionen gegenüber anders aufzutreten. Denn
dort verpflichtet sie Artikel 6 der eben erwähnten
Kongoakte, alle religiösen Einrichtungen und Unter-
nehmungen ohne Unterschied der Nationalität
und des Kulius und alle christlichen Missionare
in ihren besonderen Schutz zu nehmen. Statt
dessen haben wir auch dort die systematische Aus-
treibung der Missionare und die Vernichtung
ihrer Arbeit erleben müssen. Und auch hier war
es wieder England, dasselbe England, das sich auf
seine Missionsfreundlichkeit soviel zugute zutun pflegt.
Zu den Kriegsschäden an Geld und Gut in
den Kolonien kommen die beklagenswerten Ver-
luste an Missionaren, die draußen den Heldentod
gestorben und Krankheiten erlegen sind oder in
den Listen als vermißt verzeichnet werden.
Auch in der Heimat blieb der Weltkrieg nicht
ohne schwere Folgen für die Missionen. Freudig
und willig haben sie sich alle, jung und alt, in
den Dienst des Vaterlandes gestellt. Die Waffen-
fähigen eilten zu den Fahnen, die Nichtwaffen-
fähigen haben sich für die Seelsorge im Felde,
für die Krankenpflege oder für den Dienst in
Soldatenheimen zur Verfügung gestellt. So waren
am 1. Januar 1917 insgesamt 3710 Angehörige
der Missionen beiderlei Konfessionen teils mit der
Waffe, teils als Seelsorger oder im Gesundheits-
dienst tätig. Missionshäuser wurden zu Hilfs-
lazaretten oder Flüchtlingsherbergen eingerichtet.
Die Warenbestände der Missionshäuser werden
für die Zwecke des Heeres, der Verwundeten-,
Gefangenen= und Vertriebenen-Fürsorge bereit-
gehalten. Auch die zahlreichen weiblichen Ar-
beitskräfte der Missionen sind in weitem Umfange
für die gleichen Zwecke tätig. Endlich haben die
Missionen nach besten Kräften Geldmittel durch
Zeichnung von Kriegsanleihe für die Fortführung
des Krieges hingegeben. Das ist doppelt anzu-
erkennen, da die meisten Missionen mit irdischen
Gütern nicht gesegnet sind und ihr Beruf dem
Gelderwerb keinen Raum läßt.
Das schwerste Opfer aber traf sie durch den
Tod ihrer Mitglieder auf dem Schlachtfelde. Bis
Ende des vorigen Kriegsjahres haben 423 An-
gehörige beider Missionen ihr Leben im Dienste
des Vaterlandes hingegeben. Diese Zahlen mögen
im Verhältnis zu den Hekatomben von Toten,
die dieser furchtbare Krieg verschlungen hat,
quantitativ klein erscheinen, qualitativ aber wiegt
der Verlust der Missionare, die bereits mit Erfolg
in den Schutzgebieten tätig waren, doppelt schwer,
weil mit ihnen all die Kenntnisse und reichen Er-
fahrungen, die sie mit unendlicher Hingabe und
Geduld in der Betätigung ihres christlichen
Liebesdienstes gesammelt haben, für immer ver-
loren gehen.
Zu diesen unmittelbaren Opfern an Gut und
Blut, die der Weltkrieg den Missionsgesellschaften
auferlegte, kam ein erheblicher Rückgang in den
finanziellen Einnahmen bei Ausbruch des Krieges.
Das Interesse am Missionswesen in den hei-
mischen Freundeskreisen ist aber sehr bald so ge-
gewachsen und so stark geworden, daß weder die
Enttäuschung über die Haltung Englands und
über die Gleichgültigkeit der Neutralen, noch die
Verwüstung der deutschen Missionsfelder den Kreis
der frommen Christen, aus deren Mitte die
Missionsarbeiter hervorgehen und die Spenden
für die Missionsunternehmungen fließen, auf
die Dauer beirrt hat. So hat mit der neu-
erwachten und im Laufe des Krieges sich immer
mehr vertiefenden Liebe zum Missionswerk auch
die Gebefreudigkeit der Missionsfreunde in über-
raschender Weise zugenommen und angehalten.
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