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schaffte. Wir vernehmen auch, daß der Haupt-
anteil an dieser Trägergestellung auf die Bevölke-
rung am Victoriasee entfiel, da diese die für die
klimatischen Verhältnisse Deutsch-Ostafrikas wider-
standsfähigste sei. Es ist uns zur Zeit leider nicht
möglich, festzustellen, inwieweit auch die Bevölke-
rung der am Victoriasee liegenden deutschen Ge-
biete hiervon betroffen worden ist. Da aber die
zu Trägerdiensten geeignetsten Stämme gerade auf
deutschem Gebiet ansässig sind, ist die Vermutung
nicht von der Hand zu weisen, und darauf deuten
auch uns vereinzelt zugegangene Mitteilungen,
daß die Engländer die Bevölkerung der von ihnen
besetzten deutschen Gebiete in völkerrechtswidriger
Weise zu Kriegszwecken verwenden.
Ebenso liegen Anzeichen und vereinzelt hierher
gelangte Mitteilungen dafür vor, daß die Eng-
länder auch zur Beschaffung des Ersatzes für die
neuaufgestellten Bataillone der Kings African Rifles
Zwangsaushebungen unter der Bevölkerung der
von ihnen besetzten deutschen Gebiete vorgenommen,
ja sogar kriegsgefangene deutsche Askari zwangs-
weise in ihre Dienste gepreßt haben. Es kommt
England auf ein paar Völkerrechtsverletzungen
mehr oder weniger zur Erreichung seiner Zwecke
nicht an; insbesondere, wo es sich der Sicherheit
hingibt, daß bei der Abgeschlossenheit des Kriegs-
schauplatzes von der Außenwelt seine Rechtsver-
letzungen nicht bekannt würden.
Kehren wir zu den kriegerischen Ereignissen
zurück.
Aus dem oben wiedergegebenen Abschnitt über
die Operationen auf dem westlichen Kriegsschau-
platz zwischen dem oberen Ruhndje und der Gegend
von Ssongea war zu ersehen, daß die Engländer,
abgesehen von der ihnen anfangs geglückten Ge-
fangennahme der kleinen Abteilung des Majors
v. Grawert, im übrigen nur Mißerfolge zu ver-
zeichnen hatten. Hauptmann Wintgens gelangte,
wahrscheinlich bereits in Ausführung seines Durch-
bruches nach Norden (Mitte Februar 1917), bis
dicht an den Niassasee, und Major Kraut konnte
mit seinen „in unzufriedener Verfassung befind-
lichen sechs Kompagnien“ seinen von Hoskins als
„Rückzug auf die portugiesische Grenze“ bezeich-
neten Zug ins portugiesische Gebiet beginnen, der
ihn bis über die Grenzen von Britisch-Njassa-
land führte.
Im Küstengebiet vollzog sich der Rückzug der
deutschen Hauptabteilung auf die Matandu-Linie,
und General Hoskins sah sich genötigt, eine Um-
gruppierung seiner Truppen in der Gegend von
Kilwa vorzunehmen und die Besatzung von Lindi
infolge der Ansammlung der bisher im Hinterland
stehenden deutschen Truppen in der Nähe dieses
Ortes bedeutend zu verstärken.
Über die dann in die Hauptregenzeit fallenden
Operationen berichtet Hoskins, wie folgt:
„Aus dem Vorhergehenden geht hervor,
daß die Periode der Regenzeit hauptsächlich
der Reorganisation galt. Immerhin wurden,
wenn die örtlichen Verhältnisse es uns einiger-
maßen zuließen, Anstrengungen gemacht, den
Feind zu schwächen.
Bei Lindi führte Brigadegeneral O'Grady
verschiedene örtlich begrenzte Angriffsbewegungen
aus. Seine Aufklärungsabteilungen arbeiteten
gut und erlangten bald die ÜUberlegenheit. Die
Hügel südlich des Hafens wurden gesichert, und
ein gut durchgeführter überraschender Angriff
auf einen deutschen Posten westlich von Nguru-
Mahamba am 11. März endete mit der Zer-
sprengung der Besatzung und der Erbeutung
einer Revolverkanone (Pompon). Der Feind
hatte ein 4,1 Zoll-Geschütz (10,5 cm) in der
Nähe von Mrweka in Stellung gebracht, mit
dem er zeitweise unsere Feldwachen auf dem
Kitulo-Hügel mit verhältnismäßig geringem
Erfolge unter Feuer nahm. Am 23. April“
überraschten unsere Truppen ein feindliches
Lager bei Jangwani. Die Deutschen zogen
sich in Unordnung zurück und ließen viele
Vorräte liegen. Am 24. wurde unser schwacher
Posten in Ssudibucht von einigen Kompagnien
angegriffen, die unter Zurücklassung von einem
Dutzend Toten zurückgeschlagen wurden. Am
25. kam es zu einem lebhaften Gefecht zwischen
Kings African Rifles und einem gleichstarken
Feinde. Der Erfolg war ein befriedigender
und nur wegen des Mangels an weißem Per-
sonal wurde es kein entscheidender. Gegen
Ende April wurden mehrere neue Kompagnien
im Lindi--Bezirk gemeldet und eine beträchtliche
Anzahl, einschließlich der Krautschen Abteilung,
stand in oder um Tunduru. Die letztere war
gegen Ende März wieder über die portugiesische
Grenze zurückgegangen. Bis zum 19. Mai kam
nichts weiter von Bedeutung in dieser Gegend
vor. An diesem Tage brachte ein in beträcht-
licher Stärke ausgeführter Erkundungsvorstoß
gegen Mrweka den Feind bis dicht westlich
Ngurn-Mahamba. Der Kampf hielt tagelang
an und offenbarte die Tatsache, daß der Feind
seine Streitkräfte in dieser Gegend nicht ver-
mindert hatte. Um diese Zeit war der Hafen
von Lindi als offen erklärt und zum Ausgangs-
punkt für künftige Operationen eingerichtet
worden. Eine zuverlässige Nachricht besagte,
daß die Deutschen im Begriff seien, umfang-
reiche Verpflegungsdepots in der Umgebung
von Massassi zu errichten. Dieser Umstand in
Verbindung mit der Tatsache, daß sie die