Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIX. Jahrgang, 1918. (29)

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her zu rechnen. Bisher beschränkte sich die Ver- 
mendung von Terpentin hauptsächlich auf die 
Farbenindustrie, Kolophonium wurde für Lack- 
sabrikation und zum Dichten von Fässern usw. 
verwendet. Neuerdings ist aber das Terpentin 
in der Kriegsindustrie von ganz besonderer Be- 
dentung als ein Ausgangsprodukt des synthetischen 
Kantschuks. 
Bei ltationellem Betrieb wird der Kiefern- 
bestand vor seinem Abtrieb vier Jahre lang nach 
dem französischen Verfahren auf Harz genutzt. 
Nach vier Jahren ist durch die Lachten rings- 
herum der Splint beseitigt, und der Baum nicht 
mehr lebensfähig. Da wird dann der Bestand 
abgetrieben. Die Pechkiefer (Pinus Palustris-- 
Piteh-Pine) in den Vereinigten Staaten lieferte 
im Jahre 1907 165 Millionen 1 Terpentin und 
2 Millionen kg Kolophonium im Werte von 
135 Millionen Mark. 
Kistenfabrik. Doch das nur nebenkei. 
Von weit größerer Bedentung ist die Weiterver- 
arbeitung der „slabs“ (Besäumlatten ufw.). 
Größere Brettabfälle werden zweckmäßig zu 
Kisten für Obstversand, zu Holzwolle u. dgl. ver- 
arbeitet. Sehr naheliegend ist die Verarbeitung 
auf Zellulose und Spiritus. Nach einer 
Statistik der amerikanischen Forstverwaltung von 
1907 werden 4050 000 cords — 14,5 Mil- 
lionen rm Holz, die zu Zellulosebereitung geeignet 
sind, nutzlos vergeudet und nur 160 000 cords = 
0,5 Millionen rm Abfallholz aufs Papier ver- 
arbeitet. Bei Pitch-Pine ist der starke Harzgehalt 
ein Hindernis. Mit überhitztem Dampf oder noch 
besser mit Benzol wird das Harz ausgezogen, 
und nun steht der Anwendung des Sodaverfah- 
rens zur Zellulosegewinnung kein technisches Hin- 
dernis mehr entgegen. Die langfaserige Zellulose 
aus den „slabs“ wird zu Papier verarbeitet, die 
kurzfaserige Zellulose, die aus Sägemehl ge- 
wonnen wurde, ist hierzu nicht geeignet. Sie 
wird nach einem besonderen Verfahren in 
gärungsfähigen Zucker und dieser in Athylalkohol 
umgewandelt. 
Trockene Dostillation. Trockene 
Destillation und Holzverkohlung wird bei Nadel- 
holz nur in geringem Umfang angewendet; da- 
gegen ist die Verkohlung von Laubholz zur Ge- 
winnung von Methylalkohol, Bleizucker und 
Teerprodukten von gewaltiger Bedeutung. 
Gerbstoffextrahierung. Eiche und 
Edelkastanie werden noch auf Gerbstoffextrakt 
ausgelaugt. 
Die Vereinigten Staaten zeichnen sich durch 
weitgehenden Zusammenschluß des Kapitals aus. 
Wenn auch die Weyerhäuser-Timber Co. auf etwa 
die Hälfte sämtlicher Privatwaldungen einen kon- 
trollierenden Einfluß ausübte, so ist doch die Holz- 
  
industrie trotz aller Kassandrarufe der Konsumen= 
ten noch nicht bis zum reinen Trust fortgeschritten; 
wohl aber haben sich die einzelnen Interessen- 
gruppen zu Verbänden (associations) organi- 
siert. Da gibt es eine Southern Yellow-Pine Ma- 
nufacturers-Association, eine Southern Cypreß 
Manufacturers-Association usw. für jede markt- 
fähige Holzart. Diese Verbände setzen Mindest- 
preise fest, stellen Sortierungsvorschriften auf und 
besolden vereidigte Holzmesser, die nach festen 
Taxen Maß und Qualität feststellen. Wie die 
Fabrikanten, so haben sich auch die Groß= und 
Kleinhändler zusammengeschlossen. 
Eine Schilderung der amerikanischen Holz- 
ndustrie wäre unvollständig, wollte man nicht auch 
die Hoo-Hoo erwähnen, die Freimaurerloge, 
mit der Katze als Totem, deren Mitglied zu wer- 
den, jeder Amerikaner anstrebt, der irgendwie 
etwas mit Holz zu tun hat, der Holzknecht und 
der Kommis des Holzmaklers, der Detaillist und 
der Direktor einer großen Lumber Co. 
Holzindustrie und Ansiedlung. 
Das Kapital für ein solches Riesenunternehmen-) 
läßt sich natürlich nur beschaffen, wenn die Amor= 
tisierung der Anlagen gesichert, in unserem Einzel- 
falle also genügend Holzvorrat auf eine Reihe 
von Jahren vorhanden ist. Die großen Säge- 
mühlen im Pitch-Pine-Gebiet haben denn auch 
fast alle auf 20 bis 30 Jahre Holzvorrat, also 
bei 250 000 ft = 600 fm Schnittholz täglicher 
Leistung einen Waldbesitz von etwa 100 000 ha. 
Die Zeiten, wo ein Sägewerk nur das stehende 
Holz kaufte, den abgeholzten Grund und Boden 
aber als wertlos liegen ließ und sogar sein 
Eigentumsrecht daran aufgab, sind auch in Ame- 
rika vorbei. Konnte man noch vor 20 Jahren 
im Pitch-Pine-Gebiet haubaren Wald zum Preise 
von 50 ets je aere — 5 Mark je ha in beliebigem 
Umfang kaufen, so ist heute alles in festen Händen 
von Holzgesellschaften, und die wenigen kleineren 
Waldungen, die noch zu haben sind, sind auf 
8 bis 10 Dollar je aexe — 100 Mark je ha ge- 
stiegen. 
Mit fortschreitender Entwicklung zur Groß= 
industrie wurde der Sägemüller zum Waldbesitzer 
und Großgrundbesitzer überhaupt, und die indu- 
strielle Holzverwertungsanlage nicht mehr reiner 
Selbstzweck, sondern in gewissem Sinne Hilfs- 
mittel zur Entwicklung des Grundbesitzes. So 
erklärt es sich auch, daß Bauten und Einrich- 
tungen sowohl beim Sägewerk wie in den camps 
für amerikanische Verhältnisse sehr solide und 
*) Die Great Sonthern Lbr. Co. in Bogalusa- 
arbeitet mit einem Kapital von 50 Millionen Mark. 
Die gesamten Anlagen: Sägewerk, Transporteinrich- 
tungen, Verwaltungsgebäude. Arbeiter= nud Beamten- 
wohnungen kosteten rund 18 Millionen Mark-
	        
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