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dung statt. Dadurch tritt der Anteil der Volksvertretung an der ver-
waltenden Tätigkeit des Staates erst in seiner vollen Bedeutung her-
vor. Er besteht nicht nur darin, daß bei den parlamentarischen Ver-
handlungen eine etwaige Verletzung der Gesetze durch die Verwal-
tungsbehörden oder eine irrige und unzweckmäßige Vollziehung der-
selben gerügt werden kann; er wird auch nicht dadurch erschöpft, daß
durch Feststellung des Staatshaushaltes die finanziellen Mittel für die
Verwaltungstätigkeit der Behörden bewilligt werden; sondern er kommt
vorzugsweise dadurch zur Geltung, daß die Gesetzgebung eine Form
der staatlichen Willenserklärung ist, welche nicht bloß auf die Sank-
tion von Rechtssätzen, sondern auch auf die Anordnung und Regelung
der Verwaltungstätigkeit anwendbar ist.
8 65. Die Formen der Verwaltungsakte.
I. Verwaltung ist — wie in dem vorhergehenden Paragraphen ent-
wickelt wurde — Tätigkeit, Geschäftsführung. Die staatliche Geschäfts-
führung vollzieht sich aber, wie jede Geschäftsführung, teils durch
Handlungen faktischer Natur, teils durch Rechtsgeschäfte. Die ersteren,
welche den weitaus größten Teil der staatlichen Verwaltung bilden,
sind durch Rechtssätze nicht bestimmt; die unzähligen Arbeiten, welche
der Staat auf den verschiedenen Gebieten der Verwaltung vornehmen
läßt, haben ebensowenig ein juristisches Interesse und einen recht-
lichen Inhalt, wie die tatsächlichen Beschäftigungen und Arbeiten der
Individuen. Für das Staatsrecht sind nur die Rechtsgeschäfte
der Verwaltung von Belang. Diese Rechtsgeschäfte sind ganz ebenso
wie auf dem Gebiete des Privatrechts entweder zweiseitige, d.h. Ver-
träge, oder einseitige, d.h. Verfügungen.
1. Der Vertrag findet überall Anwendung, wo der Staat mit den
ihm zustehenden Herrschaftsrechten die ihm obliegenden Aufgaben
nicht zu erfüllen vermag. Der Vertrag kann mit einer anderen Regie-
rung geschlossen werden, also ein völkerrechtlicher (Staatsver-
trag) sein; er kann ferner auf Begründung eines Öffentlich-rechtlichen
Herrschaftsverhältnisses gerichtet sein, wie die Anstellung von Beamten,
die Naturalisation von Untertanen, also ein staatsrechtlicher
sein; er kann endlich einen vermögensrechtlichen Inhalt haben, mit-
hin ein privatrechtlicher sein. Die Verwaltung ist genötigt,
Verträge solcher Art in großer Zahl unablässig abzuschließen; die Liefe-
rung von Waaren, die Leistung von Arbeiten, die Herstellung von
Werken, die Beschaffung von Geldmitteln usw. können den Inhalt
dieser Verträge bilden. Ebenso kann der Staat seinerseits die Leistung
von Arbeiten oder die Lieferung von Waren usw. übernehmen, z. B.
in dem Betrieb der Postanstalt, der Staatseisenbahnen, der Forsten, in
dem Dienste der Lootsen u. v. a. Das durch den Vertrag begründete
Rechtsverhältnis ist nach den allgemeinen Grundsätzen des Privat-