8 70. Die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete. 315
höchsten zulässigen Betrage zu verhängen; den Bezirksamtmännern,
den Vorständen der Bezirksgerichte und einigen anderen Beamten steht
diese Befugnis gegen die ihnen unterstellten Beamten bis zum Betrage
von 30 Mark zu (8 40)!. Auch können die Gouverneure und ÖOber-
richter, wenn Gefahr im Verzuge ist, vorläufig die Einleitung des förm-
lichen Disziplinarverfahrens verfügen, vorbehaltlich der alsbald einzu-
holenden Genehmigung der obersten Reichsbehörde (Kolonialamt) 8 41.
Für sämtliche Schutzgebiete wird nur eine Disziplinarkammer und
ein Disziplinarhof gebildet, deren Sitz durch kaiserliche Verordnung
bestimmt wird ($ 42 Abs. 1). In der Verordnung vom 3. Okt. 1910
(RGBl. S. 1091) 8 5 ist als Sitz der Disziplinarkammer Potsdam, als
Sitz des Disziplinarhofs Berlin bestimmt und die bisherige Geschäfts-
ordnung der Disziplinarbehörden einstweilen in Geltung erhalten wor-
den?). Für die Schutztruppenbeamten, welche ausschließlich unter
Militärbefehlshabern stehen, ist die Disziplinarbehörde erster Instanz
die Militärdisziplinarkommission beim Generalkommando des Garde-
korps und für die richterlichen Justizbeamten der Schutztruppen ist
die für den Bereich des Gardekorps gebildete Disziplinarkammer das
Disziplinargericht erster Instanz (88 53, 54).
Zur Verfügung der Suspension vom Amte und der Innebehaltung
eines Teils des Diensteinkommens (Reichsbeamtengesetz 8 127; 128
Abs. 2) ist gegenüber den Beamten, welche eine kaiserliche Bestallung
erhalten haben, sowie gegenüber den richterlichen Beamten der Reichs-
kanzler, den übrigen Beamten gegenüber der Gouverneur zuständig (843).
k) Besondere Vorschriften bestehen für richterliche Be-
amte, Schutztruppenbeamte und Polizeibeamte.
Richterliche Beamte üben ihr Amt als unabhängige, nur dem Ge-
setz unterworfene Richter aus; d. h. sie sind hinsichtlich ihrer richter-
lichen Tätigkeit Dienstbefehlen der vorgesetzten Behörden nicht Ge-
horsam schuldig?) Im übrigen sind die für richterliche Beamte gel-
tenden besonderen Vorschriften bereits erwähnt.
Auf die Schutztruppenbeamten finden hinsichtlich der Pensionie-
rung und Hinterbliebenenversorgung die Vorschriften des Offizierpen-
sionsgesetzes vom 31. Mai 1906 und des Militärhinterbliebenengesetzes
vom 17. Mai 1907 an Stelle der Bestimmungen des Kolonialbeamten-
gesetzes Anwendung. Für die richterlichen Militär-Justizbeamten gelten
die Vorschriften des Reichsgesetzes vom 1. Dez. 1898 (RGBl. S. 1297)
über Dienstvergehen, Versetzung in den Ruhestand usw. (8 54).
Für die Landespolizeibeamten und die Beamten der Polizeitruppen
1) Gegen richterliche Beamte können Ordnungsstrafen nur vom Reichskanzler
verhängt werden, 8 48, Abs. 2.
2) Sie ist vom 3. März 1897. Zentralbl. des D. R. S. 72. Vgl. Kolonialbeamten-
gesetz 8 42, Abs. 5.
3) Mit dem Grundsatz freier Beweiswürdigung hat dies nichts zu schaffen, wie
die Motive behaupten. Romberg S. 217, Note l.