Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

336 S 82. Die Arbeiterversorgung. Invalidenversicherung. 
und Hinterbliebenenversicherung kommt dadurch besonders deutlich 
zum Ausdruck, daß für den einzelnen nicht das persönliche, indivi- 
duelle Risiko maßgebend ist, sondern allgemein gültige Ansätze für 
die Beitragsleistung sowie für die Höhe der Rente gelten. Die Reichs- 
versicherungsordnung hat dieses sozialpolitische Prinzip in noch 
höherem Grade wie das ursprüngliche Gesetz durchgeführt. Hierdurch 
rechifertigt es sich, die Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung 
der Arbeiter — ganz ebenso wie die Versorgung der Militärinvaliden 
und die Pensionierung der Staatsbeamten — als einen Zweig der 
öffentlichen Verwaltung und als eine staatsrechtliche 
Institution zu behandeln. Damit ist zugleich ausgeschlossen, sie den- 
jenigen Rechtsverhältnissen gleichzustellen, welche aus Assekuranz- 
verträgen hervorgehen, wenngleich der Gesetzgeber bei der Regelung 
dieser Institution sich vielfach derjenigen Ausdrücke bedient, welche 
bei den Lebensversicherungs- und Leibrentenverträgen scheinbar 
ähnliche Tatbestände und Rechtsbeziehungen bezeichnen. 
2.Versicherungspflichtig sind dieselben Personen, welche 
zur Krankenversicherung verpflichtet sind, mit Ausnahme der Haus- 
gewerbetreibenden, also Arbeiter, Gehilfen, Gesellen, Lehrlinge oder 
Dienstboten; ferner Betriebsbeamte, Werkmeister und andere Ange- 
stellte in ähnlich gehobener Stellung, wenn diese Beschäftigung ihren 
Hauptberuf bildet; sodann Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge, 
Gehilfen und Lehrlinge in Apotheken, Bühnen- und ÖOrchestermit- 
glieder ohne Rücksicht auf den Kunstwert der Leistung, sowie Lehrer 
und Erzieher; endlich die Personen der Schiffsbesatzung von deutschen 
Seeschiffen und Fahrzeugen der Binnenschiffahrt. Für alle diese Per- 
sonen ist Voraussetzung der Versicherungspflicht, daß sie das 16. Lebens- 
jahr vollendet haben und gegen Entgelt beschäftigt werden. Für die 
im $& 1226 unter 2—5 Bezeichneten ist außerdem Voraussetzung der 
Versicherungspflicht, daß nicht ihr regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst 
2000 Mark an Entgelt übersteigt. Versichert sind auch Deutsche, die 
bei einer amtlichen Vertretung des Reichs oder eines Bundesstaats im 
Ausland oder bei deren Leitern oder Mitgliedern beschäftigt sind 
($ 1228). Der Bundesrat kann allgemein oder in einzelnen Bezirken 
die Versicherungspflicht für bestimmte Berufszweige erstrecken auf 
Betriebsunternehmer, die regelmäßig keine oder höchstens einen 
Versicherungspflichtigen beschäftigen und auf Hausgewerbetreibende 
(8 1229'). Der Bundesrat kann auch bestimmen, wie weit die deutschen 
Bediensteten ausländischer Staaten und solcher Personen, welche nicht 
der inländischen Gerichtsbarkeit unterliegen (Exterritorialen), die 
Pflichten der Arbeitgeber zu erfüllen haben’). 
1) Der Bundesrat kann auch bestimmen wie weit Gewerbetreibende die Pflichten 
der Arbeitgeber zu erfüllen haben für die in ihrem Auftrag und für ihre Rechnung 
arbeitenden Hausgewerbetreibenden und die in ihrem Auftrage von Zwischenpersonen 
beschäftigten Hausgewerbetreibenden ($ 1230). 
2) Siehe Bekanntm. vom 6. März 1912. Reichsgesetzbl. S. 191.
	        
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