Full text: Lehrpläne und Lehraufgaben für die höheren Schulen in Preußen von 1901.

Behandlung d. schriftlichen Klassenarbeiten b. d. höheren Lehranstalten. 137 
tafel zu verarbeiten. Die Schüler sind zur sorgfältigen Verbesserung 
der Fehler anzuhalten; die Hefte sind regelmäßig nachzusehen. Eine 
Zensierung dieser Übungsarbeiten findet nicht statt. 
Damit der Lehrer Sicherheit darüber gewinnt, in wie weit die 
Schüler den durchgenommenen Lehrstoff verstanden und sich angeeignet 
haben, oder ob einzelne Teile noch weiter mit ihnen durchgearbeitet 
und befestigt werden müssen, sind in größeren Zeitabschnitten, etwa 
alle 4 bis 6 Wochen, aus dem bis dahin gewonnenen Sprachmaterial 
Arbeiten zusammenzustellen. Die Texte sind den Schülern im Zu- 
sammenhang zu diktieren oder hektographiert in die Hand zu geben; 
bei der Bearbeitung ist reichliche Zeit zu gewähren. Der Termin für 
diese Arbeiten darf nicht vorher angekündigt werden, damit eine be- 
sondere Vorbereitung dafür möglichst verhindert wird. In diesen zu 
zensierenden Klassenarbeiten ist eine Häufung grammatischer Schwierig-= 
keiten und absonderlicher Wendungen und Konstruktionen zu meiden. 
Wenn der Schüler den vom Lehrer beabsichtigten Ausdruck nicht trifft, 
aber einen solchen, der sich im Sinne der fremden Sprache recht- 
fertigen läßt, so ist ihm deshalb kein Fehler anzurechnen. Bemerkt 
der Lehrer bei der Korrektur, daß ein erheblicher Teil, etwa ein 
Viertel, der Arbeiten der Klasse geringer als genügend ausgefallen 
ist, so hat er von der Zensierung dieser sämtlichen Arbeiten abzusehen. 
Die schriftlichen Klassenarbeiten im Rechnen und in der Mathe- 
matik, sowie die orthographischen und stilistischen deutschen Klassen- 
übungen auf der unteren und mittleren Stufe sind in entsprechender 
Weise zu behandeln. 
Die Bestimmungen der Lehrpläne über die schriftlichen Haus- 
arbeiten bleiben unberührt (vgl. auch Dienstanweisung II, 2). 
Den Lehrern wird aus dieser Art der schriftlichen Klassen- 
übungen eine größere und verantwortlichere Aufgabe erwachsen. Ich 
vertraue darauf, daß sie sich ihr gern unterziehen werden, und be- 
merke schließlich, daß durch diese Anderung der Lehrpläne keine Herab- 
setzung der Anforderungen beabsichtigt ist, sondern ein besserer Weg 
gesucht werden soll, um die Schüler zur Sicherheit in der Anwendung 
des Gelernten und Erarbeiteten zu führen und sie zu gewissenhafter 
und erfolgreicher Arbeit anzuleiten. 
Der Minister der geistlichen und Unterrichts-Angelegenheiten 
von Trott zu Solz. 
An 
die Königl. Provinzialschulkollegien. 
UII 2338.
	        
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