Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

Johanns Bruder, Kurfürst Friedrich, hatte Luther in 
seiner Thätigkeit ungehindert gehen lassen und durchaus nicht geduldet, 
daß man Gewaltmaßregeln gegen ihn und die Reformation in An— 
wendung brächte. Johann that aber mehr. Er nahm selbst die 
evangelische Lehre an und erklärte sich öffentlich für dieselbe. 
Er ließ ferner nicht, wie sein Bruder, die Einführung der Reformation 
blos zu, sondern er förderte sie und ordnete sie in seinen Landen 
an. Er sorgte, daß in allen Kirchen der evangelische Gottesdienst 
gleichmäßig hergestellt, das heilige Abendmahl überall in beiderlei 
Gestalt verwaltet werde, daß die Geistlichen beim Gottesdienste sich 
nur der deutschen Sprache bedienten, daß die vielen Gebräuche bei 
demselben überall abgestellt und daß alle Klöster (42 Mönchs= und 
28 Nonnenklöster) aufgehoben würden. Und wie ernst er es mit 
der evangelischen Lehre nahm, bewies er namentlich im Jahre 1529 
auf dem Reichstage zu Speyer. Hier war es den Anhängern 
der katholischen Kirche gelungen, folgenden nachtheiligen Beschluß 
für die evangelische Kirche durchzusetzen: „Da, wo die Reformation 
eingeführt worden sei, solle die päpstliche Messe wieder gehalten 
werden, und es solle bis zur nächsten Kirchenversammlung niemanden 
mehr erlaubt sein, sich zur lutherischen Kirche zu wenden.“" 
Solch ein Beschluß erregte bei den evangelischen Fürsten und 
bei den übrigen evangelischen Ständen die größte Unzufriedenheit, und 
namentlich trat Kurfürst Johann ganz entschieden dieser Bestimmung 
entgegen. „Dieser Beschluß“, erklärten die evangelischen Fürsten laut 
und öffentlich, „sei gegen ihr Gewissen und sie müßten vor Gott und 
ihrem Heilande, vor allen Menschen und Kreaturen gegen denselben 
protestiren und ihn für nichtig und ungiltig erklären.“ Diese feier- 
liche Erklärung wurde die Veranlassung, daß die evangelischen 
Christen von jetzt an auch den Namen Protestanten erhielten, mit 
welchem Namen man ihnen den harten Vorwurf machen wollte, daß 
sie sich gegen alles widersetzten. Dieser Name bleibt aber ein 
Ehrenname und ist heute noch von tiefer Bedeutung. Er soll jeden 
evangelischen Christen erinnern, daß seine Kirche alle Menschensatzungen 
in Glaubenssachen verwirft und Gottes Wort als alleinige Regel 
und Richtschnur betrachtet. 
Um die Glaubensangelegenheiten in Deutschland endlich in 
Ordnung zu bringen, veranstaltete der Kaiser 1530 in Augsburg 
einen Reichstag. Kurfürst Johann forderte deshalb Luther, 
Melanchthon und andere auf, diejenigen Artikel aufzusetzen, wo- 
durch die Evangelischen sich im Glauben und in kirchlichen Gebräuchen 
von den Katholischen unterschieden. Die abgefaßten Artikel mußte 
Melanchthon weiter ausarbeiten, und es sollte dieses Glaubens- 
bekenntniß der evangelischen Christenheit auf dem Reichstage öffentlich 
vorgelesen werden. Hierzu zeigte der Kaiser gar keine Lust; endlich
	        
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