Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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früheren Zeiten. Den Wald zu pflegen, fiel damals niemanden ein; 
man ließ wachsen, was von sich selbst wuchs und namentlich vernach- 
lässigte man die abgetriebenen Waldflächen, d. h. die Strecken, 
auf welchen man das Holz geschlagen hatte, und sorgte durchaus nicht 
für deren regelmäßige Bepflanzung. 
Hierzu kam ferner, daß viele Ortschaften das Recht hatten, in 
den Waldungen zu harzen und Pech zu sieden. Diese Beschäftigung 
verschaffte zwar vielen Familien Unterhalt, aber den Waldbäumen 
geschah dadurch ein schlechter Dienst. Man riß nämlich an den 
Stämmen rund herum mit einem 2 Finger breiten Eisen die Rinde 
ab, wobei man dieselbe zwischen jedem Risse etwa eine Hand breit 
stehen ließ, um das gänzliche Absterben des Baumes zu verhüten. 
Aus diesen Rissen drang im Frühjahr und Sommer das Harz hervor, 
welches sich an der Luft allmählich verhärtete und welches dann ab- 
geschabt und zu Pech versotten wurde. Zwar harzt man heutigen 
Tages noch in manchen Wäldern, allein man verfährt jetzt dabei mit 
großer Vorsicht und nach einem bestimmten Plane. Früher war an 
Schonung der Waldungen nicht zu denken; man suchte möglichst viel 
Harz zu gewinnen, mochten die Bäume dabei auch noch so viel leiden. 
Außerdem war es auch schwer, das geschlagene Holz zu 
verwerthen. Der Leipziger Gegend z. B., sowie anderen ebenen, 
holzarmen Gegenden konnte man nur mit schweren Kosten Holz zu- 
führen. Bei dem Mangel an guten Landstraßen waren weite Holz- 
fuhren aus dem Erzgebirge und dem Voigtlande in niedere Gegenden 
oft geradezu eine Unmöglichkeit. Auch da wußte Vater August Rath 
zu schaffen. Er selbst war nämlich Besitzer des großen Waldes bei 
Auerbach geworden. Dessen früherer Eigenthümer, ein Herr v. Planitz, 
wußte sich nämlich vor Schulden nicht mehr zu lassen und bot deshalb 
dem Kurfürsten seinen großen Wald zum Kauf an. Anfangs zeigte 
der Kurfürst zu diesem Handel wenig Lust, doch kam er endlich 1579 
zu Stande. Nach unserm Gelde betrug die Kaufsumme 52 500 Mark, 
nach damaliger Berechnung 20 000 Gülden. Dieser Kauf war ein 
so günstiger, daß man scherzweise sagte, hätte der Kurfürst für 
20 000 Gülden Stecknadeln gekauft und an jeden Baum eine Nadel 
stecken lassen, so würde immer noch ein großer Theil der Bäume leer 
geblieben sein. Schlug man wirklich, wie in einer Urkunde behauptet 
wird, jeden Baum, mochte er groß oder klein sein, nur zu einem 
Pfennig an, so zählte der Wald über 5 Millionen Stämme und 
Stämmchen (20 000 Gülden = 5 040 000 Pf.). 
Dieser Holzvorrath sollte auf billige und bequeme Weise den 
Bewohnern der niederen Gegenden zu Gute kommen und hierzu wurde 
die weiße Elster benutzt, welche Vater August, wie er es z. B. schon 
früher mit der Kirnitzschbach gethan hatte, zum Flößen des Holzes
	        
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