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Da er immer mehr Geld verlangte, rief endlich der Kurfürst unwillig
aus: „Ihr lottert mir das ganze Geld aus der Tasche und könnt
doch kein Wasser schaffen!“ Gleichzeitig lebte in Freiberg ein geschickter
Bergmann, Namens Hanns Plauer. Diesen schlichten Mann be-
fragte der Kurfürst um Rath, und er hatte sich an den rechten gewendet.
Plauer versprach, auf dem Schloßhofe einen Brunnen zu graben,
der, wie er gewiß hoffe, Wasser geben werde. Fast erschienen aber
die Hindernisse von unübersteiglicher Natur. Da gab es harte Por-
phyrmassen zu durchstechen, die, je tiefer man kam, an Härte zunahmen.
Plauer ließ das Gestein mit siedendem Essig begießen oder Feuer
darauf anzünden, um es zu erweichen, aber alles vergeblich; man
drang in einer Woche kaum eine halbe Elle tiefer ein. Nach drei
Jahren der mühevollsten Anstrengung hatte der Brunnen eine Tiefe
von etwas über 100 Ellen (reichlich 56 m) erlangt; von Wasser
zeigte sich aber nicht die geringste Spur, und da der Brunnen bei
einer Tiefe von 180 Ellen (102 m) noch kein Wasser gab, wollte
der Kurfürst nichts mehr zahlen.
Plauers Hoffnung, Wasser zu finden, sank aber keineswegs
und es gelang ihm abermals, den Kurfürsten aufs neue für seinen
Plan geneigt zu erhalten. Neue Summen Geldes wurden nöthig,
aber Wasser kam nicht. Da ging des Kurfürsten Geduld zu Ende.
Der Weiterbau sollte eingestellt und kein Pfennig mehr ausgezahlt
werden. Schüchtern fragte Plauer, ob der Kurfürst das Geld dann
nachzahlen werde, wenn er Wasser fände, und da dies der Kurfürst
ohne weiteres bejahte, so setzte Plauer den Weiterbau auf seine
Kosten fort. Nach unsäglichen Schwierigkeiten hatte man das harte
Gestein fast 300 Ellen tief bezwungen — es fehlten noch 12 Ellen
(nicht ganz 7 m) — als mitten in der Nacht die Thätigkeit der
emsigen Arbeiter plötzlich unterbrochen wurde. Ein mächtiger Wasser-
strahl entquoll den Tiefen der Erde, so daß sich die Arbeiter eiligst
hinaufziehen lassen mußten.
Plauers Freude war grenzenlos. Mit klopfendem Herzen ließ
er sich in die Tiefe hinab, prüfte das Wasser und fand es frisch wie
Eis und rein wie Krystall. Am frühen Morgen ließ sich der über-
glückliche Brunnenmeister bei dem Kurfürsten anmelden, doch dieser
verweigerte ihm den Zutritt, fürchtend, Plauer würde wieder Geld
verlangen. Dieser versprach indes, nur drei Worte mit dem Kur-
fürsten zu reden und darauf hin wurde ihm der Zutritt gestattet. Mit
freudestrahlendem Antlitz hielt der Brunnenmeister dem Kurfürsten
einen Krug mit den Worten entgegen: „Hanns bringt Wasser!“
„Hanns kriegt Geld!“ lautete die Antwort des erfreuten Kurfürsten.
Der Wasserreichthum dieses Brunnen ist nicht leicht zu erschöpfen.
Seit dreihundert Jahren hat er seine Dienste nur zweimal versagt.
Einmal geschah es im Jahre 1651; da muthete man ihm zu viel zu,