Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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denn er hatte täglich 150 Eimer (ungefähr 10 000 Liter) für 1000 
Pferde — den Bedarf für die Menschen nicht mit gerechnet — zu 
liefern, wozu seine Kräfte nur 26 Tage lang ausreichten. Zum 
zweiten Male versiegte sein Vorrath in dem trockenen Jahre 1800, 
welche Gelegenheit benutzt wurde, ihn einmal recht gründlich zu 
reinigen. In demselben Jahre erhielt das Schloß zugleich auch durch 
eine Hauptreparatur seine jetzige Gestalt. 
Wie Schloß Augustusburg heute noch den Namen seines Er- 
bauers trägt, so pflanzt in Dresden eine Kirche den Namen der 
Mutter Anna auf die Nachwelt fort; es ist dies die Annenkirche. 
Der Theil Dresdens, welcher jetzt größtentheils zur Wilsdruffer 
Vorstadt gehört, und die Dörfer in der Nähe Plauens hatten sich 
allmählich so vergrößert, daß ihr kleines Gotteshaus") die Gemeinde- 
glieder nicht mehr fassen konnte. Vater August schenkte ihnen des- 
halb zur Errichtung einer neuen und größeren Kirche einen Bauplatz, 
und 1578 empfing das neue Gotteshaus in Augusts und Anna's 
Gegenwart seine Weihe. Da sich Mutter Anna für Erfüllung der 
Bitte um einen Bauplatz bei ihrem Gemahl ganz besonders verwendet 
hatte, so nannte man aus Dankbarkeit das neue Gotteshaus: Annen- 
kirche. Uebrigens fiel auch die Einweihung auf den St. Annentag 
und zufällig hieß auch die erste Person, die auf dem Friedhofe, welcher 
damals die Kirche umgab, beerdigt wurde, ebenfalls Anna. 
So leicht und bequem, namentlich so schnell wie jetzt ein Reisender 
mit der Post, oder mit dem Dampfschiff, vor allem aber mit dem 
Dampfwagen von Ort zu Ort, von Land zu Land gelangen kann, 
war es in der früheren Zeit nicht möglich. Landleute, Handwerker, 
Beamte dachten früher gar nicht ans Reisen. Entstand ja einmal 
die Lust, zu sehen, ob hinter dem Berge auch Leute wohnten, so mußte 
diese unterdrückt werden, denn es fehlte fast an jedem Beförderungs- 
mittel, und außerdem war das Reisen wegen der schlechten Wege, 
wegen Mangel an guten Gasthäusern so unbequem und so zeitraubend, 
daß man es vorzog, zu Hause zu bleiben. Nur Kaufleute fand man 
gewöhnlich auf den Straßen, und da bis ungefähr zu Vater Augusts 
Zeiten beim Reisen keine Wagen, wenigstens keine Kutschen, höchstens 
dann und wann nur Rollwagen, benutzt wurden, so gingen jene ent- 
weder zu Fuß, oder ritten auf eigenen Pferden, oder benutzten Maul- 
esel, welche Reisende gegen Bezahlung erhalten konnten. 
Auf dem Rücken dieser Thiere wurde mit Gürteln ein Korb 
befestigt, in welchem zwei Personen Platz fanden, während eine dritte, 
die Zügel in der Hand haltend, als Führer bedächtig voranschritt. 
Wer auf seiner Reise Hunger empfand und noch weit zur nächsten 
Stadt hatte, war sehr zu bedauern; ebenso mißlich war seine Lage, 
*) Es war dies die frühere Bartholomäuskirche.
	        
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