Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Zur Milderung der Noth wurde die Wohlthätigkeit sehr in Anspruch 
genommen und im ganzen Lande eine Kollekte gesammelt. Der 
Kurfürst allein gab im Ganzen über 100 000 Mark. 
In den Unglücksjahren 1771 und 1772 wurden die Landes- 
kassen doppelt in Anspruch genommen. Noch waren die blutigen 
Spuren des siebenjährigen Krieges nicht verwischt. Da gab es noch 
Kriegsschulden zu tilgen, da gab es Unterstützungen zur Milderung 
der Hungersnoth zu gewähren — überall, überall wollte Geld sein. 
Hatte man auch seit 1763 die Staatseinkünfte ausgezeichnet verwaltet, 
so wurden sie doch in dieser Zeit der allgemeinsten Noth erschöpft. 
Mehr Silbergeld prägen zu lassen, war unmöglich; da mußte die 
Regierung zu einem Auskunftsmittel verschreiten, das man in Sachsen 
bis 1772 nicht kannte. Es wurden nämlich 4½ Millionen Mark 
Papiergeld, Kassenbillets, ausgegeben. Seit dieser Zeit ist dieses 
Ersatzmittel des Silbergeldes in weit größerer Menge in Umlauf 
gekommen, und es wird jetzt an Landeskassen, sowie im Handel und 
Wandel zu gleichem Werthe angenommen. Papiergeld ist jetzt fast in 
allen europäischen Ländern den Silbermünzen gleich berechtigtes Geld 
geworden. 
Manchmal bietet sich Gelegenheit dar, einen Silberpfennig zu 
Gesicht zu bekommen. Seit dem Jahre 1772 sind dieselben in Sachsen 
durch die Kupferpfennige verdrängt worden. Bei kleinen Ausgaben, 
sowie bei Ausgleichungen machte sich bis zu diesem Jahre der Mangel 
an Pfennigen oft recht fühlbar. Die Silberpfennige wurden nämlich 
von manchen angesammelt und verkauft und dann wegen ihres reichen 
Silbergehaltes eingeschmolzen. Um dem vorzubeugen, stellte man 1772 
das Ausprägen der Silberpfennige ein und ersetzte sie durch kupferne. 
Bis 1876 wurden noch Pfennige mit der Jahrzahl 1772 benutzt. 
Einige Jahre später (1778) wurden auch Heller geprägt, die 
man aber nach einiger Zeit wieder eingehen ließ. 
Ehe das 18. Jahrhundert zu Ende ging, lernten die Sachsen 
noch eine neue Scheidemünze kennen — es waren die Kupferdreier. 
Die mit der Jahrzahl 1779 versehenen sind die ältesten Münzen 
dieser Art. In der neueren Zeit werden Kupferdreier nicht mehr 
ausgeprägt. 
92. Schullehrerseminarien. — Horge für die Tanbstummen.— Der erste 
Blitzableiter in Sachsen. — Die ersten Spinnmaschinen in Themnit. — 
Einimpfung der Schutzpocken. 
Der weise Sirach sagt: „Lerne zuvor selbst, ehe du Andere 
lehrest.“ Diese Ermahnung zu erfüllen, wurde bis vor ungefähr 
90 Jahren den Lehrern Sachsens recht erschwert. So gern sie auch 
zuvor lernen wollten, ehe sie in der Schule die Jugend lehrten, so
	        
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