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wurde Preußen doch noch rascher germanisiert, weil die alten Preu-
ßen gewaltigeren Widerstand leisteten (Herkus Monte) und daher
massenhafter vertilgt oder verdrängt wurden, als dort die Wenden.
Selbst ihre Sprache ist (seit 300 Jahren) vollständig ausge-
storben. Die mit dem Schwert Unterjochten mußten sich taufen
lassen, zinsen und fronen; die sich der Herrschaft des Ordens
und der Taufe freiwillig unterwarfen, besonders die adligen Wi-
tinge, erhielten vor ihren Landsleuten manche Vorrechte.
Die deutsche Ansiedlung geschah wie in der Mark durch
Unternehmer, nur daß die Städte (da es bei den alten Preußen
dergleichen kaum gab) völlig neu angelegt wurden, meist um eine
Ordensburg herum: 1232 Thorn und Kulm, 1237 Elbing, 1255
Königsberg (Ottokar von Böhmen). Die binnenländischen er-
hielten vom Orden kulmisches oder magdeburgisches, die an der
Küste gelegenen lübisches Stadtrecht.
Auch die Dorfgemeinden empfingen in der „Kulmischen
Handfeste" eine Verfassung, die ihnen große Rechte und Frei-
heiten gewährleistete. Adlige Einzöglinge erhielten ebenfalls erb-
lichen Grundbesitz und die Gutsgerichtsbarkeit, leisteten dagegen
dem Orden Kriegsdienst innerhalb der Landesgrenzen. Die Ab-
gaben, welche Bürger und Bauern dem Orden zahlten, waren
gering, weil derselbe wenig brauchte und den Krieg meist mit sei-
nen Rittern und mit abenteuerlustigen Kreuzfahrern („Gästen")
zu führen vermochte. Dennoch ward er zugleich mit dem Lande
rasch reich, konnte königlich hofhalten, Länder kaufen (Esthland
1346 von den Dänen, die zur Verbindung mit Deutschland nötige
Neumark 1402), als Seemacht auftreten (1398 eroberte er Got-
land, erstürmte Wisby, das Nest der Vitalienbrüder). Der Wohl-
stand der Bauern (zumal im fetten Marschboden des Weichsel-
werders, das 1288 bis 1294 abgedeicht worden) war sprichwörtlich.
Die Städte trieben mit Getreide, Wachs, Honig, Bernstein einen
höchst einträglichen Handel über See nach Westeuropa;z vor allen
blühte Danzig auf, der Hauptstapelplatz des Weichselhandels und
Vorort des preußischen Quartiers in der Hansa, der außer Danzig
noch Thorn, Kulm, Elbing, Braunsberg und Königsberg seit der
Mitte des 14. Jahrhunderts angehörten. Danzig, schon am Ende
des 10. Jahrhunderts erwähnt, wo es unter polnischer Herrschaft
stand, war bis 1309 Hauptstadt von Pommerellen. Nachdem
dann der Orden es in Besitz genommen, wurde es sehr bald durch
starken Zuzug deutscher, besonders lübischer Kaufleute völlig
germanisiert. — Die Landesbischöfe (von Kulm, Pomesanien,
Ermland und Samland) waren reich mit Grundbesitz ausgestattet,
standen aber unter dem Hochmeister als dem Landesherrn. —