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Der Kronprinz hat zur Zeit noch mehr Mut als Besonnen-
heit. Ich habe ihm zu seinem brillanten Erfolg in Spa-
nten kelegraphisch Glück gewünscht mit dem Rate, nicht zu
lange zu bleiben. Der Prinz, der auf der Hinreise zum ersten
Male seekrank gewesen, hat den Rückweg über Frankreich
nehmen wollen, ich habe mich aber bestimmt dagegen erklärt.
Nach seiner bisherigen Entwicklung wird der Kronprinz der-
einst größere Konzentration anstreben und zugleich liberali-
sieren. — Ursprünglich ist der Reichskanzler nur als Präsidial-
gesandter gedacht gewesen, und Savigny, der es werden sollte;
wäre weder preußischer Bundesratsbevollmächtigter gewesen,
noch wäre er im Reichstag erschienen; er hätte nur den Vor-
sitz im Bundesrat zu führen gehabt. Der Bundesrat sollte mit
seinen unverantwortlichen Mehrheitsbeschlüssen in den Vor-
dergrund treten, die preußische Regierung keine andere Stel-
lung einnehmen, als die anderen Regierungen.
Am liebsten würde ich aufhören, preußischer Minister-
präsident zu sein, und nur das Auswärtige Amt des Reichs
behalten. Das Schwerste wird sein, einen preußischen Minister-
präsidenten zu finden. Puttkamer ist ein ausgezeichneter Red-
ner, der freilich wie andere Redner auch, mehr Segel als
Ballast führt; die anderen Minister werden sich aber ihm nicht
unterwerfen, und neue Männer will der Kaiser nicht. Zu
meinem Nachfolger würde ich keinen Preußen empfehlen;
meine Landsleute sind meist noch solche Partikularisten, daß
ich mir hie und da unter ihnen wie ein weißer Rabe vorkomme.
Den Reichspostsparkassen hat der preußische Minister des In-
nern die Interessen der preußischen Kreis= und Kommunal-=
sparkassen entgegengehalten; ich habe hier für Stephan ent-
schieden, was eigentlich nicht oft vorkommt, weil seinen Plänen
und Vorschlägen nicht selten etwas Phantastisches anhaftet. —
Bedauernswert ist, daß ich bei meiner angegriffenen Ge-
sundheit durch so viel Unnötiges in Anspruch genommen werde.
Schon durch das Lesen so vieler Gesandtschaftsberichte. Die-
v. Poschinger, „Also sprach Bismarck“, Band ll. 26