Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

Wahl Kaiser Carl's VII. 9 
Am 20. November wurden die Wahlconferenzen durch eine feier- 
liche Auffahrt eröffnet., Die sächsische Gesandtschaft hatte die ansehn- 
lichste Begleitung, die hannoversche die schönsten Pferde, die baierische 
das reichste Geschirr, die kölnische die kostbarste Livrce; die branden- 
burgisch-preußische war die einfachste, — entfernt von aller Pracht 
und Schaustellung; ihren Glanz empfing sie von ihrem König, dessen 
Name die Welt erfüllte und der diesen ganzen Act in Bewegung 
setzte). 
Es war nicht das Drängen der Franzosen, wie man vermuthet 
hat, was die Berathungen der Wahlcapitulation, die sich sehr weit 
aussehend anließen, beschleunigte, sondern der Eifer des preußischen 
Cabinets, welches nicht erwarten wollte, daß die günstige Stimmung 
der Kurfürsten durch irgend einen Zwischenfall ungewiß werde. In 
Folge einer Denkschrift von Podewils, die der König bewunderns- 
würdig findet, ward der Wahltag auf die zweite Hälfte des Januar 
festgesetzt, so daß die Verhandlung nach diesem Termin, nicht ectwa 
der Termin nach dem Laufe der Verhandlung sich bestimmen sollte. 
Und wohl hätte der Wiener Hof erwarten dürfen, daß die glück- 
lichen Erfolge seiner Waffen im Anfang des Jahres 1742 auf die 
Kurfürsten einen seinen Wünschen entsprechenden Eindruck machen 
würden: allein schon waren die Einleitungen getroffen: die Heftigkeit, 
mit der man von Wien aus sich erklärte, regte das Selbstgefühl des 
kurerzkanzlerischen Amtes auf: am 21. Januar 1742 ward die Wahl, 
am 12. Februar die Krönung des Kurfürsten von Baiern zum Kaiser 
vollzogen 
Kaiser Carl VII. — denn so nannte er sich — war freilich kein 
Fürst, der sich mit den alten deutschen Kaisern vergleichen konnte; 
dies erwarten, hieße den Wechsel der Zeiten verkennen. Handlungen 
äußerlicher Religiosität und Genüsse des Hoflebens, nicht frei von 
Ausschweifungen, hatten bisher seine Tage ausgefüllt; abgesehen hie- 
von schildern ihn die ihn kannten, als einen Mann von feinem Geiste, 
lebendiger Thätigkeit, hochstrebend und nicht ohne Ideen. Auch er 
wollte selbst regieren, und was er unter seinen Ministern bedeutete, 
sah man hauptsächlich aus den Fehlern, die sie begingen, wenn er 
ihnen fehlte. Schmettau rühmt seine Gabe raschen Verständnisses 
und geschickter Beschlußnahme. Der preußische Gesandte, Klinggräfen, 
glaubte, so oft er an den Handlungen Karl Alberts irre wurde und 
Argwohn schöpfte, nicht besser thun zu können, als ihn selber zu fra- 
1) Bgl. Leon: Kl. Schriften II, 118.
	        
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