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veranlaßt worden, zur Beseitigung derselben,
nach Vernehmung Unsers geheimen Rathes
zu verordnen, wie folgt:
1) Keine Staatsbehäörde ist besugt, selbst
für öffentliche Zwecke, die Abtretung des
Privat Eigenthums eines baierischen Einwoht
ners zu verfügen, oder darauf einen Antrag
zu stellen, wenn nicht die Erhaltung des gan-
zen gemeinen Wesens oder elnes Theiles des-
selben, in einem Kollisionsfalle, sie nothwen-
dig macht, wie z. B. bei Verfügungen ns-
thiger Maßregeln gegen den Feind zur Ger
genwehr, zur Bewahrung ganzer Distrikte
des Landes durch Damme und Teiche gegen
Ueberschwemmungen 2c., oder wenn nicht,
ohne eine solche Abtretung, gemeinnü#zige öf-
sentliche Anstalten, z. B. neue Heerstrassen
zur Beförderung des áussern und innern Han-
dels 2c. ausgeführt werden können, oder wo
nicht allenfalls zur Erreichung nothwendiger
polizeilicher Zwecke, z. B. in Beziehung auf
die Gesundheit der Einwohner, auf Abwen-
dung der Feuersgesahr rc. dergleichen Abtrre-
tungen erfodert werden.
ur in diesen und dhnlichen Fällen kann
der Seaatseinwohner gezwungen werden, sein
Hrivat Eigenthum abzutreten.
2) Wenn einer der bezeichneten Fälle ein-
tritt, so soll die einschlägige administrarive
Behörde mit den Betheiligten vor Allem eine
gütliche Uebereinkunft versuchen.
3) Finder diese nicht statr, und der Be-
stzer des angesprochenen Eigenthums verwei-
gert die Abtretung desselben aus dem Grunde
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der nicht vorhandenen Nothwendigkeit oder
des nicht vorhandenen allgemeinen Nuzens
in Beziehung auf den angegebenen oͤffentli-
chen Zweck, so hat die unterste administra-
tive Justizbehörde, nach vorgängiger summa-
rischer Instrukzion der Sache, in erster —
das einschlägige General Kreis Kommissariar
in zweiter, — und Unser geheimer Rath in
dritter und lezter Instanz darüber zu erken-
nen.
Dabei sind, ohne jedoch auf eine Lumma
eppellabilis Rücksicht zu nehmen, die in Un-
serer Verordnung vom 8. Angust 1810 (Ne-
gierungsblatt 1310, Stück XXXVIII., Sei-
te 612 — 646) über die Vervollständigung
der Kompetenz Regulirung des geheimen Ra-
thes, vorgeschriebenen Förmlichkeiten zu be-
obachten.
4) Wird die Abtretung des Privat Eigen-
thums von dem Bestzer aus einem der obigen
Gründe nicht verweigert, oder es ist über die
Nothwendigkeit einer solchen Abtretung von
der kompetenten administrativen Beherde ein
rechtskräftiges Erkenneniß erlassen worden,
und es ist nur noch die Frage über die Art
und den Betrag der dafür zu leistenden Ent-
schébigung streitig, so har die einschlägige
Justizbehörde, nach vorgängiger gerichtllcher
Abscházung des angesprochenen Eigenthums
und Ermässigung des wahren Werthes des-
selben, darüber nach den Gesezen zu entschei-
den.
5) Die Vollziehung der durch die admi -
nistrative Behörde erkannten Aberetung des
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