480 Nr. 55. 1914.
Aufruf.
Der unserm Vaterlande aufgezwungene Krieg hat der Landwirtschaft in der
Erntezeit einen großen Teil ihrer Arbeitskräfte entzogen. Die Einbringung der
Ernte ist aufs äußerste erschwert. Dadurch wird nicht nur die einzelne Wirtschaft
gefährdet. Die Versorgung des Heeres und der Flotte und die Ernährung des
Volks hängen von der Beschaffung der Ernte ab. Es liegt im dringenden vater-
ländischen Interesse, Mittel und Wege zu finden, durch die auch in diesem Kriegs-
jahre die schnelle und sichere Einbringung der Ernte ermöglicht wird.
Zur Beratung solcher Mittel und zu ihrer Durchführung haben Seine
Königliche Hoheit der Großherzog den Zusammentritt eines Ausschusses zu be-
fehlen geruht und mir den Vorsitz dieses Ausschusses übertragen. Der Ausschuß
hat sich heute zum ersten Male versammelt. Es haben an der Beratung Seine
Exzellenz der Staatsminister Dr. Langfeld, der Staatsrat Freiherr von Meer-
heimb, Seine Exzellenz der Oberhofmarschall von Rantzau, Major à la suite
des Mecklenburgischen Kontingents, Seine Exzellenz der Generalleutnant von
Haeseler auf Vilz, der Gutsbesitzer H. C. Bock auf Groß Brütz und der Mini-
sterialrat Dr. Tischbein teilgenommen.
Zur Abhilfe der Arbeiternot in der Landwirtschaft sind folgende Maßnahmen
in Aussicht genommen:
Die Leitung der Abwehrmaßregeln wird unter meinem Vorsitz der Landes-
ausschuß übernehmen. Ich behalte mir vor, weitere Mitglieder in den Ausschuß
zu berufen. Die Geschäfte des Landesausschusses wird der Ministerialrat Dr.
Tischbein führen. Die Geschäftsstelle des Landesausschusses befindet sich im Mi-
nisterium des Innern zu Schwerin.
In allen Städten des Landes werden sich unverzüglich unter Leitung der
Magistrate Ortsausschüsse zur Abhilfe der Arbeiternot in der Landwirtschaft
bilden. Ebenso werden in den Flecken Dargun, Lübtheen, Neukloster und Zar-
rentin Ortsausschüsse zusammentreten, deren Leitung die Großherzoglichen
Amter bezw. wo diese nicht vorhanden sind, die Oberortsvorsteher übernehmen
werden. Zur Mitarbeit in den Ortsausschüssen werden Landleute herangezogen
werden.
Jeder landwirtschaftliche Unternehmer, der Arbeits-
kräfte braucht, wolle sich an den Ortsausschuß zur Abhilfe
der Arbeiternot in der Landwirtschaft in der nächsten Stadt
oder Flecken wenden. Jeder, der bereit ist, landwirtschaft-
liche Arbeit zuleisten, wolle sich bei dem nächsten Ortsausschuß
melden. Den Ortsausschüssen liegt die Vermittelung zwischen den Landleuten
und den zur Arbeit Bereiten ob.