Nr. 117. 1914. 669
1. Soweit dringende wirtschaftliche Bedürfnisse vorliegen, können bis auf
weiteres die Ortsobrigkeiten das Verfüttern von Roggen, der im land-
wirtschaftlichen Betriebe des Viehhalters erzeugt ist, für das in diesem Betriebe
gehaltene Vieh im Einzelfalle zulassen, sofern es sich um Betriebe mit
einer landwirtschaftlich genutzten Fläche von weniger als 5 ha handelt. In
allen übrigen Fällen sind Anträge auf Grund des § 3 der Bundesrats-Verord-
nung, die stets bei den Ortsobrigkeiten zu stellen sind, von diesen dem unter-
zeichneten Ministerium zur Entscheidung vorzulegen.
2. Oie Ortsobrigkeiten und Gemeindevorstände haben mit allen Kräften
die strenge Durchführung des Verfütterungsverbots zu überwachen. Nament-
lich ist auch darauf zu halten, daß die Verfütterung des Deputatroggens
unterbleibt. Es wird darauf hinzuwirken sein, daß die Arbeitgeber den
Deputatisten bei Beschaffung anderer Futtermittel behülflich sind.
3. Die Ortsobrigkeiten haben die Schrotmühlen zu überwachen und fest-
zustellen, ob Viehhalter geschroteten Roggen von diesen in einer Menge be-
ziehen, die auf die Absicht des Verfütterns schließen läßt. Wenn derartige
Fälle ermittelt werden, so ist dem unterzeichneten Ministerium zu berichten,
damit nötigenfalls auf Grund des § 2 der Verordnung ein Schrotverbot er-
lassen werden kann.
Das unterzeichnete Ministerium hofft, daß es gelingen wird, die zur
Deckung des inländischen Brotbedarfs während des Krieges notwendigen Be-
stimmungen der Verordnung wirksam durchzuführen. Dies wird namentlich
dann gelingen, wenn die beteiligte landwirtschaftliche Bevölkerung selbst zu
der Überzeugung gelangt, daß die strenge Beachtung der erlassenen Be-
stimmungen eine vaterländische Pflicht ist. Das Ministerium erwartet, daß
alle, die dazu in der Lage sind (Behörden, landwirtschaftliche Vereine,
Zeitungen, Private usw.), zur Verbreitung dieser Überzeugung beitragen.
Schwerin, den 3. November 1914.
Großherzoglich Mecklenburgisches Ministerium des Innern.
L. v. Meerheimb.