285
II.
Die Stellung, die Rechte und die Obliegenheiten der landstän-
dischen Abgeordneten.
Dasselbe Grundgesetz vom 5. May 1816 hat F. 67 Folgendes festge-
setzt: „Jeder Abgeordnete, von welchem Stande, von welchem Kreise, von
welchem Bezirke er auch sey, ist Vertreter aller Staatsbürger und hat
außer den Gesetzen keine andere Richtschnur anzuerkennen, als seine Ueber-
zeugung und sein Gewissen. Hieraus folgt:
1) kein Abgeordneter hat besondere Verpflichtungen gegen diejenigen, welche
ihn gewählt haben;
alle Vorschriften (Instruktionen), wodurch die Stimmfreyheit eines Ab-
geordneten auf irgend eine Weise beschränkt werden soll, sind gesetz-
widrig und ungültig;
3) übernimmt ein Abgeordneter in seinem Kreise oder sonst Aufträge zu
Vorstellungen und Bitten bey dem Landtage, als wozu er allerdings
berechtiget und verbunden ist: so versteht sich dieses unbeschadet der
Freyheit seiner eigenen Meinung und Stimme.“
III.
Die Wichtigkeit der Wahlen der landständischen Abgeordneten.
Der Landtag wird seine wichtige Bestimmung nur dann erfüllen, er wird
nur dann in Gemeinschaft mit unserem Durchlauchtigsten Landesfürsten das
Gute zu erhalten und zu fördern, das Mindergute zu erkennen und zu bes-
sern, das Schlechte zu ergreifen und zu entfernen, und so eine allmählige,
unseren Bedürfnissen entsprechende Verbesserung unseres gesellschaftlichen Zu-
standes herbeyzuführen im Stande seyn, wenn er einen Verein von Män-
nern bildet, welche durch Einsicht und Kenntnisse, durch Geist und Erfahrung,
durch Weisheit und Mäßigung, durch Uneigennübigkeit und Gemeinsinn, durch
Willensreinheit und Charakterstärke, durch Liebe endlich zu dem an-
gestammten Fürstenhause und durch Liebe zum Vaterlande, in
jedem Stande, in jedem Kreise, in jedem Bezirke als tüchtig und ausge-
zeichnet ancrkannt und bewährt sind. # # #
Daher ist mit Zuversicht zu hoffen, daß kein wahlberechtigter Einwoh-
ner des Großherzogthumes die Wahl der landständischen Abgeordneten als
einen unbedeutenden Vorgang betrachten, sondern vielmehr, daß ein jeder
2