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wiefern die Wirksamkeit einer Vormundschaftsbehörde oder eines Familienrathes
(bei der Einwilligung zur Eheschließung) stattfinde, sich nach Landesrecht be-
stimme. Nach dem im Großherzogthum Sachsen geltenden Rechte be-
dürfen nun bevormundete Minderjährige der Zustimmung der Obervormund-
schaft (des Vormundschaftsgerichts) neben der des Vormunds zur Eheschließung
nicht, und es ist daher auch für im Großherzogthume bevormundete Minder-
jährige der Nachweis dieser Zustimmung nicht zu erfordern. Bei Eheschließun-
gen von Bevormundeten dagegen, deren Vormundschaft nach einem anderen,
als dem im Großherzogthum geltenden Rechte geführt wird, hat der Standes-
beamte dieses andere Recht zu berücksichtigen. Wenn daher ein außerhalb
des Großherzogthums unter Vormundschaft stehender Minderjähriger sich ver-
ehelichen will, so muß vor Anordnung des Aufgebots der Nachweis erbracht
sein, entweder, daß sowohl der Vormund als das Vormundschaftsgericht
(bezüglich der Familienrath) die Einwilligung zur Eheschließung er-
theilt haben, oder, daß der Minderjährige nach dem betreffenden Landesrechte
einer Einwilligung der Vormundschaftsbehörde (obezüglich eines
Familienrathes) neben der des Vormundes oder einer Einwilligung des Vor-
mundes neben der der Vormundschaftsbehörde (des Familienrathes) zur Ehe-
schließung nicht bedarf.
Ohne daß der Nachweis der nach Obigem erforderlichen elterlichen und
bezüglich vormundschaftlichen Einwilligung erbracht ist, darf das Aufgebot nur
dann angeordnet werden, wenn durch behördliche Zeugnisse oder in sonst glaub-=
hafter Weise nachgewiesen worden ist, daß die versagte Einwilligung zur Ehe-
schließung durch rechtskräftiges richterliches Erkenntniß oder auch, was speziell
die versagte Einwilligung des Vormundes anbetrifft, durch Dekret der obervor-
mundschaftlichen Behörde ergänzt worden sei (§. 32 des Reichsgesetzes; §. 3
des Gesetzes vom 2. November 1848, die Form und Wirkung der Ehever-
löbnisse betreffend, und §§. 101 und 102 des Gesetzes über die elterliche Ge-
walt und das Vormundschaftswesen vom 27. März 1872 in Verbindung mit
§. 29 Schlußsatz des Reichsgesetzes.).
Ferner hat der Standesbeamte vor Anordnung des Aufgebots festzu-
stellen,
4) daß zwischen den Verlobten keines der in §. 33 des Reichs-
gesetzes unter Nr. 1 bis 5 aufgeführten Verhältnisse ob-
waltet, welches die Ehe zu einer verbotenen machen würde.