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Art. 775.
Hat der Rheder die Fracht zur Befriedigung eines oder mehrerer Gläubiger,
welchen ein Pfandrecht an derselben zustand, verwendet, so ist er den Gläubigern, welchen
der Vorzug gebührt hätte, nur insoweit verantwortlich, als erwiesen wird, daß er die-
selben wissentlich verkürzt hat.
Art. 776.
Insoweit der Rheder in den im Artikel 767 unter Ziffer 1 und 2 erwähnten
Fällen das Kaufgeld eingezogen hat, haftet er in Höhe des eingezogenen Betrages sämmt-
lichen Schiffsgläubigern in gleicher Weise persönlich, wie den Gläubigern einer Reise
im Falle der Einziehung der Fracht (Artikel 774, 775).
Art. 777.
Wenn der Rheder, nachdem er von der Forderung eines Schiffsgläubigers, für
welche er nur mit Schiff und Fracht haftet, Kenntniß erhalten hat, das Schiff zu einer
neuen Reise (Artikel 760) in See sendet, ohne daß das Interesse des Schiffsgläubigers
es geboten hat, so wird er für die Forderung in Höhe desjenigen Betrages zugleich
persönlich verpflichtet, welcher für den Gläubiger sich ergeben haben würde, falls der
Werth, welchen das Schiff bei Antritt der Reise hatte, unter die Schiffsgläubiger nach
der gesetzlichen Rangordnung vertheilt worden wäre.
Es wird bis zum Beweise des Gegentheils angenommen, daß der Gläubiger bei
dieser Vertheilung seine vollständige Befriedigung erlangt haben würde.
Die persönliche Verpflichtung des Rheders, welche aus der Einziehung der dem
Gläubiger haftenden Fracht entsteht (Artikel 774), wird durch diesen Artikel nicht berührt.
Art. 778.
Die Vergütung für Aufopferung oder Beschädigung in Fällen der großen Haverei
tritt für die Schiffsgläubiger an Stelle desjenigen, wofür die Vergütung bestimmt ist.
Dasselbe gilt von der Entschädigung, welche im Falle des Verlustes oder der Be-
schädigung des Schiffes oder wegen entzogener Fracht im Falle des Verlustes oder der
Beschädigung von Gütern dem Rheder von demjenigen gezahlt werden muß, welcher
den Schaden durch eine rechtswidrige Handlung verursacht hat.
Ist die Vergütung oder Entschädigung von dem Rheder eingezogen, so haftet er in
Höhe des eingezogenen Betrages den Schiffsgläubigern in gleicher Art persönlich, wie
den Gläubigern einer Reise im Falle der Einziehung einer Fracht (Art. 774, 775).