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Die Auswahl des Fürsorgers hat nach sorgfältiger Erwägung der in Betracht
kommenden Verhältnisse und unter Berücksichtigung des religiösen Bekenntnisses des *
lings (§. 1779 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu geschehen. Das Augenmerk ist
auf solche Persönlichkeiten zu richten, welche Sinn und Verständniß für die ihnen ob-
liegende Aufgabe haben und die erforderliche unabhängige Stellung einnehmen. Der
Fürsorger soll in der Gemeinde des Unterbringungsorts oder jedenfalls nicht zu entfernt
davon wohnen, damit ihm die Erfüllung der ihm obliegenden Aufgabe ohne erheblichen
Aufwand an Zeit und Kosten möglich wird. Es unterliegt keinem Anstand, insbesondere
für Mädchen auch ehrbare Frauen, welche hierzu bereit sind, als Fürsorgerinnen zu be-
stellen.
Steht der Zögling unter Vormundschaft oder Pflegschaft, so soll gemäß Art. 11
Abs. 2 des Gesetzes der Vormund, Gegenvormund oder Pfleger zugleich als Fürsorger
bestellt werden, sofern er sich nach dem vorhergehenden Abs. 2 hiezu eignet.
Durch Bezeichnung geeigneter Persönlichkeiten werden Kinderrettungsvereine eine
ersprießliche Hilfe leisten können.
Das Amt des Fürsorgers ist ein Vertrauensamt. Bare Auslagen sind dem Für-
sorger als Kosten der Zwangserziehung zu ersetzen.
Jeder Fürsorger ist von dem Ausschuß der Landarmenbehörde mit einer gedruckten
Anweisung zu versehen, in welcher die in dem Gesetz und in dieser Verfügung enthaltenen
Bestimmungen über seine Aufgabe wiedergegeben sein müssen.
S. 17.
Der Fürsorger hat sowohl über die Erziehungsthätigkeit der Familie, welcher der
Zögling überwiesen ist, als über das Verhalten des Zöglings in der Zwangserziehung
persönlich zu wachen. Der Vorsitzende der Landarmenbehörde hat ihm Abschriften der
über die Unterbringung des Zöglings in einer Familie, Lehre oder einem Dienst abge-
schlossenen Verträge zuzustellen.
Der Fürsorger hat sich hienach davon zu überzeugen, daß die von dem Familienhaupt
vertragsmäßig übernommenen Verpflichtungen pünktlich und gewissenhaft erfüllt werden
und daß die Voraussetzungen für ein geordnetes Unterkommen und eine gedeihliche körper-
liche und geistige Entwicklung des Zöglings andauernd vorhanden sind. Er hat zu diesem
Zweck den Zögling in geeigneten Zwischenräumen in der Familie persönlich aufzusuchen