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Eine Ausnahme von der Vorschrift in Abs. 2 ist bei Fuhrwerken, welche der Be-
förderung von Waaren oder sonstigen Gütern dienen, insofern statthaft, als der Wagen-
führer nicht gehindert ist, ohne Zurücklassung einer Aufsichtsperson sich behufs des nö-
thigen Beladens oder Entladens vorübergehend von seinem Fuhrwerk zu entfernen, wenn
er zuvor das letztere an geeigneter Stelle in unmittelbarer Nähe des Grundstücks, in
welches er sich begibt, aufgestellt, das Gespann zurückgebunden und wenigstens ein Rad
mittels einer zweckmäßigen und haltbaren Vorrichtung — beim Abwärtshalten auf Wegen
mit erheblichem Gefäll außerdem durch Unterschlagen — gesperrt, auch die sonst nach
den Umständen zur Sicherheit des Verkehrs etwa erforderlichen Vorkehrungen getroffen hat.
Die Ausnahmebestimmung des Abs. 3 greift dann nicht Platz, wenn die am Wagen
befindlichen Zugthiere Neigung zum Durchgehen haben oder wenn vermöge sonstiger be-
sonderer Umstände die Entfernung des Wagenführers vom Fuhrwerk ohne Zurücklassung
einer Auffichtsperson der ihm obliegenden Vorsicht nicht entspricht.
Durch Polizeiverordnung können die in Abs. 3 bezeichneten Voraussetzungen, unter
welchen der Wagenführer sein Fuhrwerk vorübergehend unbeaufsichtigt lassen darf, sowie
die in Abs. 4 enthaltenen Einschränkungen dieser Zulassung näher bestimmt werden.
Unser Ministerium des Innern ist mit der Vollziehung der gegenwärtigen Ver-
ordnung beauftragt.
Gegeben Schloß Friedrichshafen, den 16. September 1900.
Wilhelm.
Mittnacht. Schott von Schottenstein. Pischek. Breitling. Zeyer.
Verfügung des Ministeriums des Junern,
betreffend den Vollzug der Kaiserlichen Verordnung vom 9. Juli 1900 über die Inkraftsetzung
der im §. 154 Abs. 3 der Gewerbeordnung getroffenen Bestimmung und der Bekanntmachung des
Reichskanzlers vom 13. Juli 1900, betreffend die Ausführungsbestimmungen des Bundesraths über
die Beschäftigung von jugendlichen Arbeitern und von Arbeiterinnen in Werkstätten mit Motor-
betrieb. Vom 20. September 1900.
Zum Vollzug der Kaiserlichen Verordnung vom 9. Juli 1900 über die Inkraft-
setzung der im §. 154 Abs. 3 der Gewerbeordnung getroffenen Bestimmung (Neichs-