Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1873. (7)

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§. 20. 
Das Gehöft, in welchem die Rinderpest aussebrochen ist, wird zunächst 
durch Wächter abgesperrt, welche weder das Gehöft betreten und mit dessn Ein- 
wohnern verkehren, noch den Ein= und Austritt von Personen (außer den be- 
sonders dazu legitimirten), lebenden und todten Thieren oder Sachen aller Art 
dulden dürfen. 
Zu Wächtern sind nur erwachsene, männliche Personen zu benutzen, und 
müssen dieselben mit einem leicht erkennbaren Abzeichen versehen sein. 
Die Ermächtigung zum Eintritte in das Gehöft kann nur den mit der 
Tilgung der Seuche selbst beschäftigten Personen, sowie Geistlichen, Gerichts- 
personen, Aerzten oder Hebeammen behufs Ausübung ihrer Berufsgeschäfte 
ertheilt werden, und ist für deren formelle Legitimation zu sorgen. Beim 
Wiederaustritt hat eine Desinfektion derselben stattzufinden. Am Eingange und 
rund um das Gehäöft sind Tafeln mit der Inschrift „Rinderpest“ anzubringen. 
§. 21. 
Für den ganzen Ort, welchem das infizirte Gehöft angehört, tritt eine 
relative Ortssperre ein, welche in Folgendem besteht: 
Die Einwohner dürfen unter einander verkehren, aber den Ort 
ohne besondere Genehmigung — welche in der Regel nur solchen Per- 
sonen ertheilt werden soll, die keinen Verkehr mit Rindvieh haben — 
nicht verlassen. · 
Alle Hausthiere, mit Ausnahme der Pferde, Maulthiere und Esel, 
müssen im Stalle behalten beziehungsweise eingesperrt werden. Werden 
sie frei umherlaufend betroffen, so sind sie einzufangen und zu schlachten; 
Hunde und Katzen aber zu tödten und zu verscharren. Fuhren dürfen 
nur mit Pferden, Maulthieren oder Eseln gemacht werden. 
Für alles Vieh, Heu, Stroh und andere giftfangende Sachen ist 
die Ein., Aus- und Durchfuhr zu verbieten. 
An allen Ein= und Ausgängen des Ortes sind Tafeln mit der 
Aufschrift „Rinderpest““ aufzustellen, und Wächter, welche die Beobach- 
tung vorstehender Verbote zu überwachen haben. 
§. 22. 
Für jeden größeren Ort beziehungsweise für mehrere benachbarte kleinere 
Orte gemeinsam ist für die Dauer der Seuche ein Ortskommissar (welchem 
nach Finden noch besondere Aufseher beizugeben sind) zu bestellen, an welchen 
die im §. 19 vorgeschriebenen Anzeigen zu richten sind, und welcher die Ausfüh- 
rung der nöthigen Maßregeln zu überwachen hat. · 
Wenn der Ausbruch der Seuche an einem Orte konstatirt ist, so hat der 
bestellte Ortskommissar die Konstatirung etwaiger neuer Krankheitsfälle (§. 13) 
herbeizuführen. 
 §.23. 
Ergreift die Krankheit einen größeren Theil der Gehöfte des Ortes, dann 
kann durch die höheren Behörden die absolute Ortssperre verfügt werden.
	        
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