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Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter
sechs Monaten ein.
Dieselben Strafvorschriften finden auf denjenigen Anwendung, welcher
mit Einwilligung der Schwangeren die Mittel zu der Abtreibung oder Tödtung
bei ihr angewendet oder ihr beigebracht hat.
§. 219.
Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer einer Schwangeren,
welche ihre Frucht abgetrieben oder getödtet hat, gegen Entgelt die Mittel hierzu
verschafft, bei ihr angewendet oder ihr beigebracht hat.
§. 220.
Wer die Leibesfrucht einer Schwangeren ohne deren Wissen oder Willen
vorsätzlich abtreibt oder tödtet, wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft.
Ist durch die Handlung der Tod der Schwangeren verursacht worden, so tritt
Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliche Zuchthausstrafe ein.
§. 221.
Wer eine wegen jugendlichen Alters, Gebrechlichkeit oder Krankheit hülf-
lose Person aussetzt, oder wer eine solche Person, wenn dieselbe unter seiner
Obhut steht oder wenn er für die Unterbringung, Fortschaffung oder Aufnahme
derselben zu sorgen hat, in hülfloser Lage vorsätzlich verläßt, wird mit Gefäng-
niß nicht unter drei Monaten bestraft.
Wird die Handlung von leiblichen Eltern gegen ihr Kind begangen, so
tritt Gefängnißstrafe nicht unter sechs Monaten ein.
Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung der ausgesetzten oder
verlassenen Person verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe bis zu zehn Jahren
und, wenn durch die Handlung der Tod verursacht worden ist, Zuchthausstrafe
nicht unter drei Jahren ein.
§. 222.
Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit
Gefangniß bis zu drei Jahren bestraft.
Wenn der Thäter zu der Aufmerksamkeit, welche er aus den Augen setzte,
vermöge seines Amtes, Berufes oder Gewerbes besonders verpflichtet war, so
kann die Strafe bis auf fünf Jahre Gefängniß erhöht werden.
Siebenzehnter Abschnitt.
Körperverletzung.
§. 223.
Wer vorsätzlich einen Anderen körperlich mißhandelt oder an der Gesund-
heit beschädigt, wird wegen Körperverletzung mit Gefängniß bis zu drei Jahren
oder mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark bestraft.
Ist die Handlung gegen Verwandte aufsteigender Linie begangen, so ist
auf Gefängniß nicht unter Einem Monat zu erkennen.
Reichs--Gesetzbl. 1876. 15