38 Kircher, Das Staatsrecht des Herzogthums Sachsen-Meiningen. 84.
gesammte Unterrichtswesen mit Ausnahme der technischen Unterrichtsanstalten, sowie die
kirchlichen Angelegenheiten aller Confessionen. Eigenthümlich ist es, daß in den kirchlichen
Angelegenheiten — abweichend von der bureaukratischen Geschäftsführung bei den übrigen
Minist.-Abtheilungen — collegiale Beschlußfassung stattfindet, ferner daß an der Be—
rathung und Beschlußfassung der die evangelische Kirche betreffenden Angelegenheiten
außer den weltlichen noch mehrere geistliche Räthe zugezogen werden, und daß die in
diesen Angelegenheiten gefaßten Beschlüsse unter der gesetzlichen Bezeichnung Oberkirchen-
rath ergehen. Die unter dieser Minist.-Abth. stehenden Behörden sind die Kirchen-
ämter, bestehend aus dem Landrath (bez. in den größeren Städten dem Oberbürger-
meister) und dem Ephorus, und die Kreisschulämter, bestehend aus dem Land-
rath und dem Kreisschulinspector. — In Betreff der Katholischen Kirche vergl. § 12.
Die Competenz der Abtheilung der Finanzen umnfaßt das ganze Finanz-
wesen des Staates. Außer der Verwaltung der direkten und indirekten Steuern gehört
dazu auch namentlich die Verwaltung des gesammten Domänenvermögens; ihr steht ferner
die Aufsicht über das Katasterwesen zu. — Unterstellt sind ihr die Landräthe, insofern
ihnen (mit den Einschätzungskommissionen) die Verwaltung der Klassen= und Einkommen-
steuer obliegt, die Hauptkasse und das Rechnungsbureau (vergl. 8§ 10 III.), der
Katasterinspektor, die Amtseinnahmen, welche die Vereinnahmung aller Staats= und
Domänenrevenuen und die Auszahlung aller vom Staate zu leistenden Ausgaben im
Einzelnen zu besorgen und die in ihrem Bereiche befindlichen Staats= und Domänengrund-
stücke mit Ausnahme der Waldungen zu beaufsichtigen haben, die Steuerämter und
die Katasterämter, welche die bei der Landesvermessung hergestellten Karten, die
Grundsteuerbücher und die Gebäudesteuerrollen auf dem Laufenden zu erhalten haben und
überwachen sollen, daß die Versteinung der Liegenschaften eine geordnete bleibt.
§ 4. Die Staatsdiener. I. Allgemeines. Für das Herzogthum Meiningen
besteht keine Dienstpragmatik; die vorhandenen Bestimmungen über die Rechte und
Pflichten der Staatsdiener sind in verschiedenen Gesetzen zerstreut. Eine Definition des
Begriffes Staatsdiener findet sich nur in dem Pensions= und Wittwenpensionsgesetze.
Als Staatsdiener im Sinne dieser Gesetze sind diejenigen anzusehen, welchen ein bestän-
diges öffentliches Amt im unmittelbaren Staatsdienst gegen eine aus der Staatskasse
fließende oder vom Staate gewährleistete, in den Besoldungsdekreten (früher als pensions-
beitragspflichtig, gegenwärtig) als wittwenpensionsberechtigt bezeichnete Besol-
dung übertragen ist.
Ueber die Vorbedingungen zum Eintritt in den Staatsdienst ist Folgendes zu
erwähnen:
Die Bestimmungen über die juristischen Prüfungen und die Vorbereitung zum höheren
Justizdienst sind von den Regierungen der bei dem Oberlandesgerichte in Jena betheiligten Staaten
im Wesentlichen in Uebereinstimmung mit den entsprechenden Vorschriften in Preußen gemeinsam
festgesetzt worden.
Zum Eintritt in den höheren Verwaltungsdienst ist nach den nicht abgeänderten
Bestimmungen eines der Edikte von 1829 analog den damaligen Vorschriften über die juristischen
Prüfungen das Bestehen von drei Prüfungen in der Staats= und Finanzwirthschaft und mindestens
einem der technischen cameralistischen Fächer erforderlich. — Die erworbene Befähigung zum Ein-
tritt in den Vorbereitungsdienst und in den höheren Staatsdienst in der Justiz befähigt zum Ein-
tritt in die entsprechenden Stufen des Staatsdienstes in der Verwaltung.
Die Voraussetzungen für die Anstellung im höheren Schuldienst sind den in Preußen
bestehenden im Wesentlichen gleich; die Prüfungen werden vor besonderen Prüfungscommissionen
an der Universität Jena abgelegt, ebenso wie die Prüfungen der Aerzte.
Die Voraussetzung für die Zulassung zum Vorbereitungsdienst im Rechnungsfach bildet
das erlangte Zeugniß der Reife auf einem Gymnasium oder Realgymnasium; die Anstellung setzt
das Bestehen von zwei Prüfungen über den Rechnungsdienst bezw. über die Zoll= und Steuerver-
waltung zvoraus.