Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1895. (29)

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§. 10. 
Der Schiffer ist verpflichtet, von Beschädigungen des Schiffes oder der 
Ladung, von eingegangenen Geschäften, sowie von der Einsetzung eines anderen 
Schiffers (§. 9) den Schiffseigner in Kenntniß zu setzen. Er hat in allen erheb- 
lichen Fällen, namentlich wenn er die Reise einzustellen oder zu ändern sich 
genöthigt findet, die Ertheilung von Verhaltungsmaßregeln bei dem Schiffseigner 
nachzusuchen, sofern es die Umstände gestatten. 
Im Interesse der Ladungsbetheiligten hat der Schiffer während der Reise 
für das Beste der Ladung nach Möglichkeit Sorge zu tragen. 
Werden zur Abwendung oder Verringerung eines Verlustes besondere 
Maßregeln erforderlich, so hat er, wenn thunlich, die Anweisung der Ladungs- 
betheiligten einzuholen, sonst nach bestem Ermessen das Erforderliche selbst zu 
veranlassen und dafür zu sorgen, daß die Ladungsbetheiligten von dem Vorfall 
und den dadurch veranlaßten Maßregeln schleunigst in Kenntniß gesetzt werden. 
§. 11. 
Wird das Schiff oder die Ladung von einem Unfall betroffen, so ist der 
Schiffer berechtigt und auf Verlangen des Schiffseigners oder eines Ladungs- 
betheiligten verpflichtet, vor dem Amtsgerichte des Ortes, an welchem die Reise 
endet, und, wenn das Schiff vorher an einem anderen Orte längere Zeit liegen 
bleiben muß, vor dem Amtsgerichte dieses Ortes eine Beweisaufnahme über den 
thatsächlichen Hergang, sowie über den Umfang des eingetretenen Schadens und 
über die zur Abwendung oder Verringerung desselben angewendeten Mittel zu 
beantragen. Er hat sich selbst zum Zeugnisse zu erbieten und die zur Feststellung 
des Sachverhältnisses sonst dienlichen Beweismittel zu bezeichnen. 
§. 12. 
Zur Aufnahme des Beweises bestimmt das Gericht einen thunlichst nahen 
Termin, zu welchem der Schiffer und die sonst bezeichneten Zeugen zu laden sind. 
Dem Schiffseigner und den Ladungsbetheiligten ist von dem Termine Mit- 
theilung zu machen, soweit es ohne unverhältnißmäßige Verzögerung des Ver- 
fahrens geschehen kann. Die Mittheilung kann durch öffentliche Bekannt- 
machung erfolgen. 
§. 13. 
Die Aufnahme des Beweises erfolgt nach den Vorschriften der Civil- 
prozeßordnung. 
Soweit hiernach nicht die Beeidigung des Schiffers ausgeschlossen ist, 
beschließt über dieselbe das Gericht nach freiem Ermessen. 
Die an Schiff und Ladung Betheiligten, sowie die etwa sonst durch den 
Unfall Betroffenen sind berechtigt, in Person oder durch Vertreter der Ver- 
handlung beizuwohnen. Sie können eine Ausdehnung der Beweisaufnahme auf 
weitere Beweismittel beantragen.
	        
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