Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1895. (29)

b. Verdacht der 
Seuche ober 
der Ansteckung. 
— 378 — 
§. 72. 
Läßt sich nach den ermittelten Thatumständen annehmen, daß eine größere 
Verbreitung der Lungenseuche in einem Orte stattgefunden hat, so kann eine 
Revision sämmtlicher Rindviehbestände des Ortes oder einzelner Ortstheile durch 
den beamteten Thierarzt von der Polizeibehörde angeordnet werden. 
§. 73. 
Erfolgt die Ermittelung des Seuchenausbruches oder des Seuchenverdachtes 
in Abwesenheit des leitenden Polizeibeamten, so hat der beamtete Thierarzt die 
sofortige vorläufige Einsperrung und Absonderung der erkrankten und verdächtigen 
Thiere, nöthigenfalls auch die Bewachung derselben anzuordnen. Von dieser 
Anordnung, welche dem Besitzer des Rindviehes oder dem Vertreter des Besitzers 
durch protokollarische oder anderweitige schriftliche Eröffnung mitzutheilen ist, hat 
der beamtete Thierarzt sofort der Polizeibehörde eine Anzeige zu machen. 
Zugleich hat der beamtete Thierarzt in seinem Berichte an die Polizei- 
behörde die erkrankten, die der Seuche verdächtigen, sowie die übrigen auf dem 
Seuchengehöfte befindlichen Thiere näher zu bezeichnen. 
§. 74. 
Der Rindviehbestand eines bisher seuchefreien Gehöftes ist unter polizeiliche 
Beobachtung zu stellen, wenn durch amtliche Erhebungen festgestellt ist: 
1. daß sich unter dem Viehbestande ein Thier befindet, welches innerhalb 
der letzten sechszig Tage mit einem der Ansteckung verdächtigen Thiere 
in Berührung gewesen ist, oder 
2. daß sich unter dem Viehbestande ein der Seuche verdächtiges Thier 
befindet, oder 
3. daß innerhalb der letzten sechszig Tage sich unter dem Viehbestande ein 
der Seuche verdächtiges Thier befunden hat. 
Die polizeiliche Beobachtung soll sich auf eine Frist von sechszig Tagen er- 
strecken, welche im Falle zu 1 mit dem Tage beginnt, an welchem das Thier mit 
dem der Ansteckung verdächtigen Thiere zuletzt in Berührung gewesen ist, im Falle 
zu 2 mit dem Tage, an welchem die verdächtigen Krankheitserscheinungen fest- 
gestellt sind, und im Falle zu 3 mit dem Tage, an welchem das der Seuche 
verdächtige Thier aus dem Viehbestande entfernt ist. 
Wird der Verdacht durch weitere Ermittelungen des beamteten Thierarztes 
vor Ablauf der sechszigtägigen Frist beseitigt, so muß die Beobachtung sofort 
wieder aufgehoben werden. 
§. 75. 
Die Polizeibehörde hat von dem beamteten Thierarzte ein Verzeichniß des 
unter Beobachtung gestellten Rindviehbestandes aufnehmen zu lassen und den 
Besitzer oder dessen Vertreter anzuhalten: 
anderes Rindvieh nicht in die Räumlichkeiten einzustellen, welche 
für die unter Beobachtung gestellten Thiere bestimmt sind; auch ohne
	        
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