Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

§. 155. 
Haben sich die Parteien bei einem Vertrage, den sie als geschlossen ansehen, 
über einen Punkt, über den eine Vereinbarung getroffen werden sollte, in Wirklich- 
keit nicht geeinigt, so gilt das Vereinbarte, sofern anzunehmen ist, daß der Vertrag 
auch ohne eine Bestimmung über diesen Punkt geschlossen sein würde. 
§. 156. 
Bei einer Versteigerung kommt der Vertrag erst durch den Zuschlag zu Stande. 
Ein Gebot erlischt, wenn ein Uebergebot abgegeben oder die Versteigerung ohne Er- 
theilung des Zuschlags geschlossen wird. 
§. 157. 
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die 
Verkehrssitte es erfordern. 
Vierter Titel. 
Bedingung. Zeitbestimmung. 
§. 158. 
Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, 
so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritte der 
Bedingung ein. · 
Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so 
endigt mit dem Eintritte der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem 
Zeitpunkte tritt der frühere Rechtszustand wieder ein. 
§. 159. 
Sollen nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts die an den Eintritt der Be- 
dingung geknüpften Folgen auf einen früheren Zeitpunkt zurückbezogen werden, so 
sind im Falle des Eintritts der Bedingung die Betheiligten verpflichtet, einander zu 
gewähren, was fie haben würden, wenn die Folgen in dem früheren Zeitpunkt ein- 
getreten wären. 
§. 160 
Wer unter einer aufschiebenden Bedingung berechtigt ist, kann im Falle des 
Eintritts der Bedingung Schadensersatz von dem anderen Theile verlangen, wenn 
dieser während der Schwebezeit das von der Bedingung abhängige Recht durch sein 
Verschulden vereitelt oder beeinträchtigt. 
Den gleichen Anspruch hat unter denselben Voraussetzungen bei einem unter 
einer auflösenden Bedingung vorgenommenen Rechtsgeschäfte derjenige, zu dessen Gunsten 
der frühere Rechtszustand wiedereintritt. 
§. 161. 
Hat Jemand unter einer aufschiebenden Bedingung über einen Gegenstand ver- 
fügt, so ist jede weitere Verfügung, die er während der Schwebezeit über den Gegen- 
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