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derjenige, in dessen Person das Ereigniß eintreten soll, zur Zeit des Erb-
falls lebt;
2. wenn dem Vorerben oder einem Nacherben für den Fall, daß ihm ein
Bruder oder eine Schwester geboren wird, der Bruder oder die Schwester
als Nacherbe bestimmt ist.
Ist der Vorerbe oder der Nacherbe, in dessen Person das Ereigniß eintreten
soll, eine juristische Person, so bewendet es bei der dreißigjährigen Frist.
§. 2110.
Das Recht des Nacherben erstreckt sich im Zweifel auf einen Erbtheil, der
dem Vorerben in Folge des Wegfalls eines Miterben anfällt.
Das Recht des Nacherben erstreckt sich im Zweifel nicht auf ein dem Vorerben
zugewendetes Vorausvermächtniß.
§. 2111.
Zur Erbschaft gehört, was der Vorerbe auf Grund eines zur Erbschaft ge-
hörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung
eines Erbschaftsgegenstandes oder durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft er-
wirbt, sofern nicht der Erwerb ihm als Nutzung gebührt. Die Zugehörigkeit einer
durch Rechtsgeschäft erworbenen Forderung zur Erbschaft hat der Schuldner erst dann
gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß erlangt; die
Vorschriften der §§. 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung.
Zur Erbschaft gehört auch, was der Vorerbe dem Inventar eines erbschaft-
lichen Grundstücks einverleibt.
§. 2112.
Der Vorerbe kann über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände verfügen,
soweit sich nicht aus den Vorschriften der §§. 2113 bis 2115 ein Anderes ergiebt.
§. 2113.
Die Verfügung des Vorerben über ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück
oder über ein zur Erbschaft gehörendes Recht an einem Grundstück ist im Falle des
Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben ver-
eiteln oder beeinträchtigen würde.
Das Gleiche gilt von der Verfügung über einen Erbschaftsgegenstand, die
unentgeltlich oder zum Zwecke der Erfüllung eines von dem Vorerben ertheilten
Schenkungsversprechens erfolgt. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer
sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nicht-
berechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.
§. 2114.
Gehört zur Erbschaft eine Hypothekenforderung, eine Grundschuld oder eine
Rentenschuld, so steht die Kündigung und die Einziehung dem Vorerben zu. Der
Vorerbe kann jedoch nur verlangen, daß das Kapital an ihn nach Beibringung der
Reichs. Gesetzbl. 1896. 82