Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

Arbeitsschichten den Gehülfen eine ununterbrochene Ruhezeit von 
mindestens acht Stunden, den Lehrlingen eine solche von mindestens 
zehn Stunden im ersten Lehrjahre, mindestens neun Stunden im 
zweiten Lehrjahre gelassen werden. 
II. Als Gehülfen und Lehrlinge im Sinne der Bestimmungen unter I. gelten 
 
 
 
solche Personen, welche unmittelbar bei der Herstellung von Waaren be- 
schäftigt werden. Dabei gelten Personen unter sechszehn Jahren, welche 
die Ausbildung zum Gehülfen nicht erreicht haben, auch dann als Lehrlinge, 
wenn ein Lehrvertrag nicht abgeschlossen ist. 
Die Bestimmungen über die Beschäftigung von Gehülfen finden auch 
auf gewerbliche Arbeiter Anwendung, welche in Bäckereien und Konditoreien 
lediglich mit der Bedienung von Hülfsvorrichtungen (Kraftmaschinen, Be- 
leuchtungsanlagen und dergleichen) beschäftigt werden. 
III. Die Bestimmungen unter I. finden keine Anwendung auf Gehülfen und Lehr- 
linge, die zur Nachtzeit überhaupt nicht oder doch nur mit der Herstellung 
oder Herrichtung leicht verderblicher Waaren, die unmittelbar vor dem Genuß 
hergestellt oder hergerichtet werden müssen (Eis, Crémes und dergleichen), 
beschäftigt werden. 
IV. Die Bestimmungen unter I. finden ferner keine Anwendung: 
1. auf Betriebe, in denen regelmäßig nicht mehr als dreimal wöchentlich 
gebacken wird; 
2. auf Betriebe, in denen eine Beschäftigung von Gehülfen oder Lehrlingen 
zur Nachtzeit lediglich in einzelnen Fällen zur Befriedigung eines bei 
Festen oder sonstigen besonderen Gelegenheiten hervortretenden Bedürf- 
nisses mit Genehmigung der unteren Verwaltungsbehörde stattfindet. 
Diese Genehmigung darf die untere Verwaltungsbehörde für 
höchstens zwanzig Nächte im Jahre ertheilen. 
V. Die vorstehenden Bestimmungen treten am 1. Juli 1896 in Kraft. Während 
der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1896 darf Ueberarbeit auf Grund 
der Bestimmung unter I.  Ziffer 3a für höchstens zehn Tage und Nachtarbeit 
auf Grund der Bestimmung unter IV Ziffer 2 für höchstens zehn Nächte 
gestattet werden, sowie Ueberarbeit auf Grund der Bestimmung unter I. 
Ziffer 3b an höchstens zehn Tagen stattfinden. 
Berlin, den 4. März 1896. 
Der Stellvertreter des Reichskanzlers. 
von Boetticher. 
  
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