Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1897. (31)

   
glaubhaft zu machen, daß sich die Aktien seit mindestens sechs Monaten, von der 
Generalversammlung zurückgerechnet, im Besitze der die Minderheit bildenden Aktionäre 
befinden. 
Dem Beklagten ist auf Verlangen wegen der ihm drohenden Nachtheile von 
der Minderheit eine nach freiem Ermessen des Gerichts zu bestimmende Sicherheit zu 
leisten. Die Vorschriften der Civilprozeßordnung über die Festsetzung einer Frist zur 
Sicherheitsleistung und über die Folgen der Versäumung der Frist finden Anwendung. 
Die Minderheit ist der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Kosten des Rechts- 
streits zu tragen. 
Für den Schaden, der dem Beklagten durch eine unbegründete Klage entsteht, 
haften ihm die Aktionäre, welchen eine bösliche Handlungsweise zur Last fällt, als 
Gesammtschuldner. 
§. 270. 
Bezüglich eines Anspruchs, dessen Geltendmachung die Minderheit auf Grund 
der Vorschrift des §. 268 Abs. 1 verlangt hat, ist ein Verzicht oder ein Vergleich 
der Gesellschaft nur dann zulässig, wenn von den die Minderheit bildenden Aktionären 
so viele zustimmen, daß die Aktien der übrigen nicht mehr den zehnten Theil des 
Grundkapitals darstellen. 
§. 271. 
Ein Beschluß der Generalversammlung kann wegen Verletzung des Gesetzes 
oder des Gesellschaftsvertrags im Wege der Klage angefochten werden. 
Die Klage muß binnen einem Monat erhoben werden. 
Zur Anfechtung befugt ist jeder in der Generalversammlung erschienene 
Aktionär, sofern er gegen den Beschluß Widerspruch zum Protokoll erklärt hat, und 
jeder nicht erschienene Aktionär, sofern er zu der Generalversammlung unberechtigter 
Weise nicht zugelassen worden ist oder sofern er die Anfechtung darauf gründet, daß 
die Berufung der Versammlung oder die Ankündigung des Gegenstandes der Beschluß- 
fassung nicht gehörig erfolgt sei. Eine Anfechtung, die darauf gegründet wird, daß 
durch den Beschluß Abschreibungen oder Rücklagen über das nach dem Gesetz oder 
nach dem Gesellschaftsvertrage statthafte Maß hinaus angeordnet seien, ist nur zu- 
lässig, wenn die Antheile des Aktionärs oder der Aktionäre, welche die Anfechtungs- 
klage erheben, den zwanzigsten Theil des Grundkapitals erreichen. 
Außerdem ist der Vorstand und, sofern der Beschluß eine Maßregel zum 
Gegenstande hat, durch deren Ausführung sich die Mitglieder des Vorstandes und 
des Aufsichtsraths strafbar oder den Gläubigern der Gesellschaft haftbar machen 
würden, jedes Mitglied des Vorstandes und des Aufsichtsraths zur Anfechtung befugt. 
§. 272. 
Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Die Gesellschaft wird durch 
den Vorstand, sofern dieser nicht selbst klagt, und durch den Aufsichtsrath vertreten. 
Reichs- Gesetzbl. 1897. 50
	        
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