Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierzehnter Jahrgang. 1873. (14)

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Trankreich. 
Versöhnung gewesen wären. Ohne Vorurtheil oder Nachträgerei gegen die 
Personen, hid ich es für meine Pflicht, das Princip der Erblichkeit, dessen 
Obhut mir anvertraut ist, in seiner Unverletzlichkeit zu erhalten; ohne dieses 
Princip — ich kann es immer nur wiederholen — bin ich nichts, und mit 
ihm vermag ich alles. Das will man nicht hinlänglich begreifen. Aus 
Ihren Anspielungen, Hr. Bischof, darf ich schließen, daß Sie in die erste 
Reihe der Opfer, welche Ihnen für die Befriedigung der Wünsche des Landes 
unerläßlich scheinen, das Opfer meiner Fahne stellen. Das ist ein Vor- 
wand, welchen jene erfanden, die, obgleich fie die Nothwendigkeit der Rückkehr 
zur angestammten Monarchie begreifen, doch wenigstens das Sinnbild der 
Revolution bewahren wollen. Glauben Sie nur, Frankreich hat trotz seiner 
Anwandlung von Schwäche das Gefühl der Ehre in diesem Punkte nicht 
verloren; es würde ebenso wenig ein Oberhaupt des Hauses Bourbon, wel- 
ches das Banner der Eroberung von Algier verläugnet, als einen Bischof 
von Orleans verstehen, der sich bereit fände, in der französischen Academie 
neben Zweiflern und Atheisten zu sitzen. Ich habe nicht mit geringerem 
Vergnügen als die wahren Freunde des Landes erfahren, daß die Prinzen, 
meine Vettern, am 21. Jan. in der Bußkapelle erschienen sind; denn wenn 
sie öffentlich beten kamen, in dieses dem Andenken des kiöiglichen Märtyrers 
eweihte Monument, mußten sie recht vollständig den Einfluß eines Ortes 
säheen, welcher für große Lehren und für edelmüthige Eingebungen so günstig 
ist. Ich habe also weder Opfer zu bringen, noch Bedingungen 
anzunehmen. Ich erwarte wenig von der Klugheit der Menschen und viel. 
von der Gerechtigkeit Gottes. Wenn die Prüfung allzu bitter wird, so belebt 
ein Blick auf den Vatican den Muth und stärkt die Hoffnung. In der 
Schule dieses erlauchten Gefangenen lernt man Fresielet Entsagung und 
Frieden, jenen Frieden, welcher keinem fehlt, der sein Gewissen als Leitstern 
und Pius IX. zum Muster nimmt. Seien Sie, Hr. Bischof, von meinen 
wohlwollenden Gesinnungen überzeugt. Heinrich." 
27. Febr. — 1. März. Nat.-Versammlung: Generaldebatte über die Anträge 
der 30er Commission. Castellane erklärt sich für die Einführung 
einer constitutionellen Monarchie, der Bonapartist Haetjens für Be- 
fragung des allg. Stimmrechts; Dufaure (Justizminister) vertheidigt 
einläßlich das Begehren der Regierung bez. constitutioneller Gesetze. 
Thiers schweigt, trotz aller Provocationen Seitens der Rechten. Schließ- 
lich wird mit 472 gegen 199 Stimmen beschlossen, in die Spezial- 
debatte einzutreten. 
1. März. Hr. Ozenne geht als Unterhändler nach Rom, um mit Italien 
13. 
14. 
womöglich einen ähnlichen Handelsvertrag wie mit England und Bel- 
gien zu Stande zu bringen, richtet aber hier schließlich nichts aus. 
„ Nat.-Versammlung: genehmigt in Schlußabstimmung den ganzen 
Entwurf der 30er Commission mit 407 gegen 225 Stimmen. Für 
denselben stimmen: die beiden Centren und die gemäßigte Linke, gegen 
denselben die äußerste Linke und die legitimistische Rechte. Es scheint, 
daß Hr. Thiers endlich seinem Ziele, der Verbindung der beiden Cen- 
tren behufs Gründung seiner conservativen Republik, allmälig näher 
komme. 
„ Nat.-Versammlung: setzt eine Commission nieder behufs Prüfung 
der neuen Handelsverträge mit England und Belgien. Die Mehrheit
	        
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