Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierzehnter Jahrgang. 1873. (14)

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Allgemeine Chronik. 
Ministerium nunmehr mit 50 gegen 45 Stimmen die Bewilligung des Bud- 
gets ab. Der König spricht sofort die Auflösung des Things aus und ordnet 
Neuwahlen an. 
18. Oct. [Deutschland: Bayern.] Die evang. Generalsynode des diesseitigen Bayern 
 
 
 
 
 
 
 
 
spricht fast einstimmig ihr Bedauern über die kgl. Verordnung vom 29. Aug. 
(betr. Erleichterung der Bildung confessionell gemischter Schulen) aus und 
lehnt einstimmig die Forderung von Reformen in der Kirchenverfassung ab. 
„ [Deutschland: Hessen.] Der Finanzminister v. Biegeleben, der letzte Rest 
der Dalwigkschen Verwaltung, wird pensionirt. 
„ [Türkei.] Die Pforte anerkennt den Msgr. Kupelian, das Haupt der 
anti-römischen Armenier (der sog. Anti-Hassunisten) mittelst eines Investitur- 
Berats unter dem Titel eines Patriarchen der orientalischen Armenier. 
20.   „ [Deutschland: Preußen.] Die Bischöfe beginnen zur Landtags-Wahl 
Hirtenbriefe zu erlassen. 
21.   „ [Frankreich.] Der Marschall Mac Mahon weigert sich ausdrücklich, der 
großen Tagesfrage gegenüber eine bestimmte und selbständige Stellung ein- 
zunehmen. „Ich bin von der Mehrheit der Conservativen gewählt worden 
und kann mich von dieser Mehrheit nicht trennen." 
22.  „ [Deutschland: Preußen.] Der Domherr Dulinski in Posen ruft den 
Schutz des Staates gegen den Erzbischof Ledochowski an. Die einläßliche 
Eingabe bietet eine grelle Characteristik des Druckes, den die geistliche Hierar- 
chie auf den Clerus selber ausübt. 
„ [Frankreich.] Die Fractionen der vereinigten Rechten der Nat.-Versamm- 
lung treten sehr zahlreich in Versailles zusammen, um die Berichte der zum 
Grafen Chambord Abgesandten anzuhören und daraufhin definitive Beschlüsse 
zu fassen. Nach dem Berichte der Abgesandten ist Chambord mit dem Pro- 
gramm einverstanden. Beide Fractionen der Legitimisten und der Orleanisten 
geben daher dem Programm, d. h. den Bedingungen und namentlich der 
Beibehaltung der dreifarbigen Fahne einmüthig ihre Zustimmung. 
24.  „ [Deutschland: Preußen.] Eine Verfügung des Cultministers an die Ober- 
präsidenten befiehlt denselben, gegen die sich häufenden gesetzwidrigen An- 
stellungen von Pfarrern Seitens der Bischöfe mit der vollen Strenge des 
Gesetzes einzuschreiten. 
„ [Frankreich.] Eine Verfügung des Präfecten von Lyon suspendirt den 
neugewählten (ausschließlich liberal-radicalen) Gemeinderath und ernennt an 
seine Stelle eine Municipalcommission von 40 Mitgliedern. Mac Mahon 
genehmigt die Maßregel.  
27.   ,,   [Frankreich.]  Es fangen an Zweifel aufzutauchen, ob der Graf v. Cham- 
bord dem von den Abgesandten der vereinigten monarchischen Rechten ihm 
vorgelegten Programm, den Bedingungen für seine Berufung auf den 
Thron, auch wirklich zugestimmt habe. 
29.   „ [Deutschland: Sachsen.] König Johann +. Der Kronprinz folgt ihm 
als König Albert I. 
„ [Oesterreich-Ungarn: Oesterreich.] Die czechischen Mitglieder des Reichs- 
raths beschließen mit 20 gegen 10 Stimmen, dem Reichsrathe wie bisher 
fern zu bleiben. Die Jungczechen wollen dagegen wenigstens in den Land- 
tag eintreten, vermögen es aber gegen die Altczechen nicht durchzusetzen. 
30.   „ [Frankreich.] Der Graf v. Chambord macht dem ganzen Plan einer 
Wiederherstellung der Monarchie, für welche die Majorität der Nat.-Versamm- 
lung so ziemlich gesichert gewesen sein soll, selbst ein jähes Ende, indem er 
seine Aeußerungen in Salzburg dahin richtig stellt, daß er die dreifarbige 
Fahne zurückweist und auf dem Lilienbanner beharrt. Die beiden Fractionen 
der Rechten anerkennen, daß unter diesen Umständen eine Majorität für ihn 
nicht zu erzielen sei und der Plan vorerst entschieden aufgegeben werden müsse. 
31.   „ [Deutschland: Preußen.] Der Verweser des Erzbisthums Freiburg nimmt 
gleich den preuß. Bischöfen bei Anstellungen für Hohenzollern keine Rücksicht 

	        
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