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Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1873.
diese Generalate bestreite; auch sollten die jetzt functionirenden Ordens-
generale die Locale, die sie bisher inne hatten, behalten dürfen, doch
nur so lange noch, bis ihre Functionen zu Ende gingen. Der
Jesuitengeneral wurde jedoch davon ausgeschlossen: der Papst mochte ihn
im Vatikan oder wo er sonst wollte, unterbringen. Die Ausführung
folgte dem Beschlusse auf dem Fuße nach. Zuerst mußten die Jesuiten
klöster geräumt werden, dann auch allmälig die übrigen. Alles erfolgte
ohne Widerstand. Rom gewinnt nach und nach ein ganz anderes
Aussehen. Die damals in Frankreich aber gerade ans Ruder gelangte
Partei jedoch wurde dadurch aufs Aeußerste erbittert, die Lage Europa's
war eine zwingende: die neue Regierung Broglie sah sich genöthigt,
nach allen Seiten zu erklären, daß durch den Sturz des Herrn Thiers
in den auswärtigen Beziehungen Frankreichs eine Veränderung nicht
eingetreten sei. Italien konnte sich vorerst darüber beruhigen. Italien
bedurfte aber seinerseits der Ruhe nach außen um so dringender, als
seine Regierung schon vorher, nicht durch die Klosterfrage, sondern um
finanzieller Fragen willen, in ein bedenkliches Schwanken gerathen war.
Seit Rom in seinen Händen ist, kann Italien vollkommen auf eigenen
Füßen stehen. Die große Mehrheit der Nation will es auch entschie-
den und das Parlament ist darum geneigt, der Regierung alle For-
derungen, die dahin zielen, die Wehrkraft der Nation zu erhöhen,
mit vollen Händen zuzugestehen, ja nur mit zu vollen Händen. Der
italienische Einheitsstaat seufzt seit seiner Constituirung unter einem von
Jahr zu Jahr wachsenden Defizit und alle schönen Pläne, dasselbe
herabzumindern und schließlich zu beseitigen, haben bis jetzt noch zu
keinem befriedigenden Ziele geführt. Das Parlament aber, und daran
tritt seine politische Unerfahrenheit vielfach stark zu Tage, ist sehr ge-
neigt, Ausgaben zu bewilligen, ohne daran zu denken, dagegen sehr
schwierig, der Regierung neue Steuern oder eine Erhöhung der alten
zuzugestehen, wobei man freilich anerkennen muß, daß die Steuern in
Italien schon jetzt eine fast unerträgliche Höhe erreicht haben. Noch
vor dem Zustandekommen des Klostergesetzes nun hatte das Parlament
der Regierung für ein Seearsenal in Tarent 23 statt der geforderten
6½⅛ Millionen bewilligt. Die Regierung weigerte sich jedoch, den Be-
schluß auszuführen und bot ihre Entlassung an. Ein Regierungs-
wechsel vor dem Zustandekommen des Klostergesetzes war jedoch gefähr-
lich, das Parlament sah das selber ein; der ganze Plan bezüglich