Italien. (Dezember 7—9.) 385
Reformen Platz finden können. Wir mußten uns auf diejenigen beschränken,
welche geeignet sind, feste Grundlagen für die öffentliche Verwaltung zu
schaffen; und wir wollten nicht mehr versprechen, als wir halten können.“
Der Abg. Ferrari möge überzeugt sein, daß wir unsere Pflichten gegen die
Demokratie und die soziale Frage nicht vergessen haben; unsere Vorlagen
werden es beweisen.
7. bzw. 16. u. 21. Dezbr. Abschluß des österreich-ungarisch-
italienischen Handelsvertrages.
Derselbe tritt am 1. Januar 1888 bereits in Kraft. Italien ver-
zichtet darin auf den Eingangszoll auf Holz und Leinengewebe, Oesterreich-
Ungarn auf den auf Südfrüchte. Die Frage der Weinzölle bleibt vor-
läufig offen.
Der Vertrag wird am 16. von der Kammer mit 231 gegen
22 Stimmen, am 21. vom Senate angenommen.
7.—9. Dezember. Neuordnung der Zentralstaatsver-
waltung. Kammer: Beratung des nach den Beschlüssen der Kom-
mission umgeänderten Gesetzentwurfs.
Darnach wird die Zentralstaatsverwaltung künftig bestehen aus der
Präsidentschaft des Ministerrats, den Ministerien des Auswärtigen, des In-
nern, der Gnade, der Gerichtspflege und Gottesdienste, des Schatzes, der Fie
nanzen, des Unterrichts, der öffentlichen Arbeiten, des Ackerbaues, Gewerbes
und Handels, der Posten und Telegraphen, des Kriegs und der Marine.
Vermehrung oder Vereinigung von Ressorts geschieht durch königliche Ver-
ordnung, ebenso die Verleihung der Befugnisse. Jedem Ministerstaatssekretär
wird ein Unterstaatssekretär beigegeben. Das Amt des Generalsekretärs wird
abgeschafft.
Die Kammer nimmt den Gesetzesentwurf mit großer Mehr-
heit an. In der Generaldebatte erklärt Crispi gegen die Versuche,
das königliche Verordnungsrecht der Vorlage einzuschränken:
Nach seiner innersten Ueberzeugung sei eine Mitwirkung der Volksver-
tretung bei der Organisation der Staatsverwaltung eigentlich überhaupt nicht
statthaft. Die einen wollen die Mitwirkung des Parlaments bei der Re-
gierung, die anderen verlangen eine scharfe Trennung der gesetzgebenden von
der ausübenden Gewalt. Er gehöre den letzteren an. Wäre die Vorlage
von ihm ausgegangen, so würde sie die einfache Bestimmung enthalten haben:
„Die Zahl und die Geschäftskreise der Minister werden durch königliches
Dekret festgesetzt.“ Statt dessen suche die Vorlage einen Ausgleich zwischen
den beiden Standpunkten herzustellen. „Es ist das erstemal, sagt Crispi, daß
ich versucht habe, moderiert zu sein, und man bekämpft mich auf beiden
Seiten des Hauses. Dies soll mir eine Lehre sein; fortan werde ich ohne
Bedenken bloß meiner Ueberzeugung folgen. Nach der Verfassung sind die
drei konstitutionellen Gewalten einander gleichberechtigt. So gut wie Senat
und Kammer das Recht haben, ihre innere Organisation aulonom zu ordnen,
muß auch die Regierung dieses Recht besitzen. Wer dem König die Befug-
nis bestreitet, die ausübende Gewalt nach seinem Ermessen zu organisieren,
verläßt den Boden der Verfassung. Wie in England, in Belgien, in Frank-
reich, so ist auch in Piemont von 1848 bis 1860 die Kreierung und Auf-
hebung von Ministerien durch königliches Dekret gehandhabt worden, und
dasselbe fand bis 1877 in Italien statt; sogar die Delegierung der könig-
Europ. Geschichtskalender. XXVIII. Bd. 25