168 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (November 11.—12.)
welcher darüber wacht, daß die evangelische Kirche gemäß ihrer Eigenart und
nicht nach fremdartigem, für sie verderblichem Vorbilde regiert werde;
„dem tiefblickenden Staatsmanne, der erkannt hat, daß die christliche
Religion allein Heil bringen kann der sozialen Not, die christliche Religion,
die ihm die Religion der tatkräftigen Liebe nicht der Worte, des Herzens
und Willens nicht der bloßen Spekulation ist; "
„dem einsichtigen Freunde aller deutschen Universitäten, der zumal den
evangelisch-theologischen Fakultäten teuer geworden ist durch die Entschlossen-
heit, mit welcher er für die Freiheit derselben eingetreten ist, ohne welche
sie dem Evangelium und der Kirche nicht dienen können.“
11. November. (Die Huldigungsadresse der deutschen
Bischöfe und die kaiserliche Antwort.) Die „Köln. Volksztg.“
bringt den Wortlaut der Huldigungsadresse der preußischen Bischöfe,
datiert Fulda, den 29. August, und das Dankschreiben Sr. Mj.
des Kaisers, datiert vom 7. November. Die Hauptsätze der Adresse
lauten folgendermaßen:
„Die Gewähr einer glücklichen Zukunft des Vaterlandes erblicken wir
in den wiederholten allerhöchsten Kundgebungen, in welchen Eure Kaiserliche
und Königliche Majestät die christlichen Grundwahrheiten, die Hebung der
religiösen und sittlichen Güter des Volkes als den Leuchtturm bezeichnen, zu
welchem die Menschheit unablässig aufblicken muß, um den Frieden hienieden
und die höheren ewigen Interessen sich zu sichern. Und daraus schöpfen wir
auch die freudige Zuversicht, daß unter der Regierung Euer Kaiserlichen und
Königlichen Majestät die friedlichen und wohlwollenden Beziehungen zwischen
Kirche und Staat, deren erste Strahlen die letzten Lebensabende des höchst-
seligen Großvaters verschönerten, sich befestigen und ausgestalten werden als
der sichere Hort in der Sturmflut der umsturzdrohenden Lehren und Ideen
der Gegenwart.“
Die Antwort lautet:
„Mit Wohlgefallen habe Ich die Huldigungs-Adresse empfangen,
welche Sie, Herr Erzbischof, in Gemeinschaft mit ihren bischöflichen Amts-
brüdern aus Fulda an Mich gerichtet haben. Die nach Gottes Ratschluß
in diesem Jahre über Mich, Mein Haus und das Vaterland verhängte
Doppeltrauer findet in Ihrer Adresse einen so tiefempfundenen Ausdruck,
daß unter den zahlreichen Beileidsbezeugungen die Ihrige Mir besonders
wertvoll gewesen ist. Nicht minder wohltuend berührt Mich Ihr patrio-
tischer Segenswunsch zu Meiner Thronbesteigung. Mein Leben und Meine
Kraft gehören Meinem Volke, dessen Wohlfahrt zu fördern die schönste Auf-
gabe Meines Königlichen Berufes ist. Daß Ich die Glaubensfreiheit
einer katholischen Unterthanen durch Recht und Gesetz ge-
sichert weiß, stärkt Meine Zuversicht auf dauernde Erhaltung
des kirchlichen Friedens. Indem Ich Ihnen, Herr Erzbischof, und den
Mitunterzeichnern der Adresse für die loyale Kundgebung aufrichtig danke,
verbleibe Ich Ew. Hochwürden wohlgeneigter
Wilhelm, R.
Marmorpalais, den 7. November 1888.
An den Erzbischof von Köln, Dr. Krementz zu Köln.
12. November. (Die Nordd. Zeitung über Frank-
reich.) Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: