236 Die Österreichisch-Ungarische Monarchie. (März 5.—8. bezw. 21.)
5. März. Österreich: Arbeiterkammern.) Nachdem im
Ausschusse zur Beratung des v. Plenerschen Gesetzantrages betr.
Errichtung von Arbeiterkammern (vgl. Gesch.-Kal. 1886 X. 5.) der
Regierungsvertreter Freiherr v. Weigelsberg im Namen des
Handelsministers die Erklärung abgegeben:
„daß die . Beratungen, die seither im Sub-Komitee des Ausschusses
stattgefunden haben, und die Abänderungen, welche der Gesetzentwurf erfahren
hat, nach Erachten der Regierung nicht geeignet seien, die Bedenken zu be-
seitigen, welche die Regierung seinerzeit zum Ausdrucke gebracht habe und
welche, wie der Ausschuß sich erinnern werde, sowohl gegen einzelne Bestim-
mungen als gegen das Wesen des Entwurfes gerichtet waren,"
vertagt der Ausschuß seine Beratungen bis auf Weiteres.
Abg. Exner macht dagegen geltend, daß die früheren Re-
gierungs-Erklärungen nicht so bestimmt ablehnend gelautet hatten.
Graf Taaffe habe gesagt, man müsse erst sehen, „wie die Arbeiter-
kammern aussehen, bevor man ihnen das politische Wahlrecht erteile“.
Daraus gehe aber hervor, daß man auch die Arbeiterkammern im
Prinzipe zulässig erachte. Die Regierung habe im Sub-Komitee
mitgearbeitet, wurde bei jedem Paragraph genau befragt, alle Ein-
wendungen berücksichtigt, und nun erfahre man plötzlich, daß die
Regierung noch andere, geheimgehaltene Bedenken habe. Natürlich
genüge es für die Regierungs-Majorität, auch wenn die Regierung
geheimgehaltene Bedenken habe, um sofort ihr behauptetes Wohl-
wollen für die Arbeiter aufzugeben. Man werde gelegentlich an
dieses Faktum erinnern.
6.—10. März. (Österreich.) Unter Vorsitz des Fürst-
erzbischofs Kardinal Ganglbauer von Wien findet daselbst eine große
Bischofskonferenz der österreichischen Bischöfe statt.
An derselben nehmen teil: Fürst-Erzbischof Graf Schönborn von
Prag, die Fürstbischöfe Zwerger von Graz und Missia von Laibach und die
Bischöfe Bauer von Brünn und Binder von St. Pölten. Fürstbischof Aichner
von Brixen und die Bischöfe Dunajewski von Krakau und Müller von Linz
sind durch Krankheit verhindert. Den Gegenstand der Beratungen bildet die
Wiedereinführung der konfessionellen Schule.
8. bezw. 21. März. (Österreich: Die Tschechen und
die Schulgesetzanträge.) Der Tschechenklub des Reichsrats
beschließt nach langwierigen Beratungen für die Zuweisung der
Schulanträge Liechtenstein und Herold an eine Kommission. Die
alttschechischen Blätter bringen darüber eine Mitteilung, in der
gesagt wird:
„Die Abänderung der Schulgesetze im Sinne der Länder-Autonomie
gehört zu den wesentlichen Teilen des Programmes der tschechischen Abge-
ordneten sowohl im Landtage als auch im Reichsrate. Der Klub anerkannte