Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1888. (29)

Die Österreichisch-Ungarische Monarchie. (März 15. 16.) 239 
Heldenkaiser nicht, es wäre denn, daß man dem „Si vis pacem para bel- 
lum“ eine gar zu freie Auslegung geben wollte. Kaiser Wilhelm verwan- 
delte Europa nahezu in eine Kaserne. Sein Volk wird und muß ihm dank- 
bar bleiben, falls sich sein Werk bewährt. Ob die Geschlechter ihn für seine 
Leistungen auch immerdar segnen werden, muß die Zukunft lehren.“ 
15. März. (Österreich: Konfessionelle Schule.) 
Abg.-Hs.: Hofrat Abg. Lienbacher (deutschkonf.) bringt einen 
neuen Gesetzentwurf über Abänderung des Schulgesetzes zu Gunsten 
der konfessionellen Volksschule ein. 
Die entscheidenden Änderungen sind: an Stelle der staatlichen Schul- 
aussicht tritt für den Religionsunterricht und die Religionsübungen die Be- 
sorgung, Leitung und unmittelbare Beaufsichtigung durch die Kirche oder die 
entsprechende Religionsgesellschaft; als Religionslehrer dürfen nur solche ver- 
wendet werden, welche die betreffende konfessionelle Oberbehörde als dazu 
befähigt erachtet. Prinzipiell sind die öffentlichen Volksschulen der Jugend 
ohne Unterschied des Bekenntnisses zugänglich, doch sind soweit als tunlich 
nur Kinder desselben Religionsbekenntnisses aufzunehmen und der religiöse 
Charakter einer Schule richtet sich nach dem Bekenntnisse der Mehrheit der 
Schulen, welchem auch die Lehrer angehören müssen. Die Lehrpläne und alle 
Verordnungen betreffend der innern Ordnung stellt der Unterrichtsminister 
nach Einvernehmung oder auf Grund der Anträge der betreffenden Kirchen- 
behörden fest. 
Mitte März. (Kroatien.) Das Jubiläum des Bischofs 
Stroßmayer (vgl. Febr. 15.) ruft fortgesetzt slawische Kund- 
gebungen hervor. 
Die in Wien geplante Feier wird von der Polizei verboten; ebenso 
alle großen Kundgebungen in Djakovar wegen der dort herrschenden Blattern- 
epidemie; mehreren untersteirischen slowenischen Gemeinden, welche Stroß- 
meyer zum Ehrenbürger ernennen, wird die Bestätigung des Beschlusses 
nicht erteilt. 
Zahlreiche slawische Abgeordnete erlassen eine neue Huldigungsadresse 
an den Bischof. Die slowenischen Rompilger trennen sich der ursprünglichen 
Bestimmung gemäß von den deutschen ihrer Landschaften und schließen sich 
der von Stroßmayer geführten kroatischen Pilgergruppe an. 
In seinen Antworten auf die Glückwünsche der slowenischen Gemein- 
den spricht der Bischof wiederholt „von den harten Prüfungen der noch un- 
erlösten slowenischen Brudernation.“ In der an die Stadt Laibach gerich- 
teten Antwort heißt es: „Mich freute es bei diesem festlichen Anlasse am 
meisten, weil es sich zeigte, daß wir alle im slawischen Süden wie ein Körper 
ein und das nämliche heilige Ziel vor Augen haben und in der brüderlichen 
Liebe, Eintracht und Einigkeit die Bürgschaft unserer Kraft, Freiheit und 
Zukunft suchen. Dieser Gedanke muß nach heldenmütigen Kämpfen 
früher oder später den dritten Tag wieder auferstehen zum unsterblichen 
Leben. . ..“ 
16. März. Dem Reichskriegsminister Grafen Bylandt— 
Rheidt wird die wegen langer Leiden nachgesuchte Entlassung 
vom Kaiser in höchst ehrenvoller Weise und unter Verleihung des 
Großkreuzes des St. Stephansordens gewährt und an seine Statt 
Feldzeugmeister v. Bauer ernannt. 
 
	        
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