Die Österreichisch-Ungarische Monarchie. (April 13.—14. u. 1. Hälfte.) 243
pfang des Diploms zum Ehrenbürger von Prag in einem kroatischen
Schreiben an den Prager Bürgermeister, in welchem er sagt:
„Seien Sie versichert, daß das wackere tschechische Brudervolk, das
fleißigste, ausdauerndste, bedeutungsvollste und fortgeschrittenste unter den
slawischen Stämmen, in meinem Herzen die gleiche Stelle einnimmt wie
mein eigenes Volk.“
13. April. (Österreich-Ungarn: Neue Wehrvorlage.)
In der Sitzung des Abgeordnetenhauses wird vom Landesverteidi-
gungs-Minister eine neue Wehrvorlage eingebracht.
Dieselbe enthält für die Regierung die Ermächtigung, auch ohne all-
gemein angeordnete Mobilisierung den jüngsten Jahrgang der Reserve und
die drei jüngsten Jahrgänge der Ersatzreserve zur Dienstleistung einzuberufen.
Mit Ausnahme dessen, daß die bezeichneten Jahrgänge gesetzlich bestimmt
sind, ist diese neue Vollmacht der Regierung an keinerlei Beschränkung ge-
bunden, insbesondere enthält der Gesetzentwurf keine Bestimmung über den
Zweck derartiger Einziehungen der Reserven. Das Gesetz erklärt, daß die
Maßregel einzutreten habe, „wenn besondere Verhältnisse es erfordern“, und
auch die dem Entwurfe beigegebene sogenannte „Erläuterung“ sagt mit an-
deren Worten dasselbe, indem sie das Gesetz dahin „erläutert", die Er-
mächtigung werde angesprochen, „um eintretenden besonderen Erfordernissen
im Staatsinteresse Genüge leisten zu können“.
Zu gleicher Zeit wird dieser Entwurf dem ungarischen Ab-
geordnetenhause überreicht. Minister Baron Fejervary bemerkt zu
demselben,
es seien für die von der Heeresverwaltung beschlossene Maßregel
zwei Beweggründe entscheidend. Die Heeresverwaltung findet, daß bei ein-
zelnen Truppenkörpern infolge ungünstiger Assentierungs-Ergebnisse und der
Sanitätsverhälnisse der Friedensstand nicht erreicht wird, und gewiß hat
auf diese plötzliche Wahrnehmung auch der Umstand Einfluß, daß die nach
Bosnien detachierten Bataillone einen höheren Friedensstand zählen, der in
einem geringeren Stande der anderen Bataillone desselben Regiments seinen
Ausgleich findet. Die Wehrgesetz-Novelle soll dazu bestimmt sein, diese
Truppenkörper auf den normalen Stand zu bringen. Gleichzeitig soll auch
die Möglichkeit geschaffen werden, einzelne Truppenkörper vorübergehend auf
einen erhöhten Friedensstand zu bringen, und der Umstand, daß man nicht
die in Aussicht genommene durchgreifende Revision des Wehrgesetzes ab-
wartet, deutet darauf hin, daß es sich um eine Verstärkung des Truppen-
standes in gewissen Grenzbezirken handelt, die bereits im Laufe des Som-
mers durchgeführt werden dürfte, während der Entwurf des revidierten Wehr-
gesetzes den Vertretungskörpern erst im Herbst zugehen soll.
14. April. (Bischof Stroßmayer.) Dem Präses des sla-
wischen Gesangvereins in Wien geht vom Bischof Stroßmayer ein
Dankschreiben zu für die ihm anläßlich seines fünfzigjährigen
Priester-Jubiläums vom Verein zugekommene Gratulation. In
dem Schreiben heißt es u. a.: „Den Slawen, einig und charakter-
fest, gehöre die Zunkunft.“
1. Hälfte April. (Österreich: Die Polen und das
Branntweinsteuergesetz.) Die Branntweinsteuerfrage und die
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