Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenter Jahrgang. 1891. (32)

258 Bie Römische Kurie. (Februar 24.— März 21.) 
VIII. 
Die Nömische Kurie. 
24. Februar. (Paris.) Das Journal „La France Nouvelle“ 
veröffentlicht einen Brief des Papstes an den Kardinal Lavigerie, 
in welchem der Papst anerkennt, daß der Eifer Lavigeries und die 
dem Heiligen Stuhle erwiesenen guten Dienste desselben der Gegen- 
wart und den Erwartungen des Papstes entsprächen. 
21. März. Der Papst richtet folgendes Breve auf den Tod 
Windthorsts bezüglich an die Vorsitzenden der Zentrums-Fraktio- 
nen im Deutschen Reichstag und preußischen Landtag: 
„Unseren geliebten Söhnen, den edlen Herren Grafen Ballestrem, 
Freiherrn v. Heereman und Grafen Preysing. 
Geliebte Söhne! Gruß und apostolischen Segen! 
Obschon die innige Eintracht, die Euch mit dem vortrefflichen Manne 
Ludwig Windthorst verband, Uns niemals verborgen war, so ist sie Uns 
noch klarer geworden durch das Telegramm, welches Ihr Uns in Enerem 
Namen und dem Eurer katholischen Kollegen durch Unsern geliebten Sohn, 
den Kardinal-Staatssekretär zugehen ließet. Wir begreifen nämlich, daß Ihr 
von gerechtem und bitterem Schmerz erfüllt seid über den unverhofften Tod 
des Mannes, dessen Frömmigkeit, Tadellosigkeit, Klugheit und übrigen Geistes- 
vorzüge vor allem Euch vor Augen lagen, die Ihr, ihm als Führer bei den 
wichtigsten öffentlichen Angelegenheiten folgend, nicht weniger die Genossen 
seiner Mühe und Ratschläge als seines Ruhmes geworden seid. Denn ver- 
trauend auf Eure Mitwirkung und Unterstützung hat er in für Christentum 
und Staat höchst wichtigen Zeiten die Interessen und Rechte der Kirche 
eifrig verteidigt und die einmal auf sich genommene Sache der Gerechtigkeit 
mit hohem Mute zu schützen fortgefahren, bis er das erreicht sah, was er 
im Geiste beständig erstrebt hatte. Mit Recht aber rühmt Ihr Euch, daß er 
der Führer Eurer Partei gewesen, der niemals durch die Macht seiner Feinde 
oder durch die Volksbewegungen sich wankend machen ließ, der so sein Vater- 
land liebte und seinem Fürsten die gebührende Ehrfurcht entgegenbrachte, 
daß er niemals diese Pflichten von der Ausübung der Religion trennte, und 
so durch das Gewicht seiner Gründe und durch die Kraft einer mächtigen 
Beredsamkeit seine Gegner bekämpfte, daß man leicht erkannte, daß der Eifer 
für die Wahrheit, nicht aber irgend ein Vorteil oder Ehrbegierde ihn in 
den Streit führte. — Von diesen seinen Verdiensten sind Wir, wie billig, 
überzeugt; das haben Wir sowohl bei anderen sich darbietenden Gelegen- 
heiten, als auch besonders neulich in diesem Jahre bezeugt, da Wir, als der 
Jahrestag unserer Krönung wiederkehrte, ihm neue Ehrenbezeugungen haben 
zukommen lassen, indem Wir ihn zum Ritter erster Klasse des Ordens St. 
Gregors des Großen ernannten und mit dem Ehrenzeichen desselben schmücken 
wollten. Wenn er, durch den Tod hinweggerafft, diesen Beweis Unserer 
Liebe und Hochachtung nicht geneßen konnte, so tröstet Uns und richtet Uns 
die sichere Hoffnung auf, daß Gott ihn mit höheren Ehren geschmückt und 
er jene unvergängliche Glorie erlangt habe, die erhabener und glückseliger 
ist, als jede menschliche Ehre. Ihr aber, geliebte Söhne, eingedenk der Tu- 
genden und Beispiele eines so großen Führers, folget fest den Spuren des-
	        
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