226 I. 2. Revolution und Fremdherrschaft.
dem Abgesandten insgeheim die Weisung mitgab, unter allen Umständen
den Frieden mit Frankreich zu bewahren.“) Haugwitz hatte während der
jüngsten Jahre manchen Beweis diplomatischen Scharfsinns gegeben und
die feindseligen Absichten Napoleon's mehrmals richtiger beurtheilt als
sein Amtsgenosse Hardenberg, doch in der gegenwärtigen Verwicklung schien
ihm die Neutralität allein geboten. Daher trug er kein Bedenken, über
die friedlichen Befehle des Königs sogar noch hinauszugehen. Er reiste
langsam, wie befohlen, damit der verabredete Termin des 15. Decembers
herankäme; endlich bei Napoleon eingetroffen sagte er in einer mehr—
stündigen Unterredung kein Wort von den Friedensbedingungen des Königs,
kein Wort von bewaffneter Vermittlung und kriegerischen Drohungen,
sondern ließ sich mit leeren Worten vertrösten und ging dann nach Wien
den Gang der Ereignisse abzuwarten. Dort traf ihn die Nachricht von
der Austerlitzer Schlacht, und sofort war er entschlossen, um jeden Preis
die Versöhnung mit dem Uebermächtigen zu Stande zu bringen; in seiner
Seelenangst redete er sich ein, Oesterreich stehe bereits im Begriff, mit
Napoleon vereint gegen Preußen zu kämpfen. Abermals eigenmächtig,
ohne jede Vollmacht, unterzeichnete er am 15. December zu Schönbrunn
ein Schutz- und Trutzbündniß mit Frankreich: Preußen erkannte alle die
Abtretungen, welche Napoleon vom Kaiser Franz zu erzwingen hoffte,
schon im Voraus an, übergab das rechtsrheinische Cleve an Frankreich,
das treue Ansbach an Baiern und erhielt dafür Hannover.
Der Sieger jubelte; „bin ich Preußens sicher, so muß auch Oester-
reich gehen wohin ich will!l“ Mit dem Schönbrunner Vertrage in der
Hand nöthigte er den rathlosen Wiener Hof schon am 26. December die
drückenden Bedingungen des Preßburger Friedens anzunehmen. Das
Haus Oesterreich verlor Venetien, Tyrol und den Rest seiner schwä-
bischen Besitzungen; die abgetretenen deutschen Provinzen wurden den
süddeutschen Satrapen Frankreichs zugetheilt. Baiern und Württemberg
erlangten durch Napoleon's Gnade die Königskrone und dazu das
höchste aller Güter, das letzte Ziel zweier Jahrhunderte des Verrathes
und der Felonie — die volle und unbeschränkte Souveränität. Kaiser
Franz mußte zum Voraus alle aus diesem neuen Rechte sich ergebenden
Folgerungen genehmigen. Damit schwand der letzte Schatten der alten
nationalen Monarchie; über souveränen Königskronen konnte das deutsche
Königthum nicht mehr bestehen. In der Friedensurkunde wurde das
Reich bereits mit dem Namen des Deutschen Bundes bezeichnet. Schon
seit längerer Zeit berieth der Imperator mit den süddeutschen Höfen, was
wohl an die Stelle der „elenden Aefferei“ des Regensburger Reichstages
treten könne. Nunmehr kündigte er in herablassenden Briefen den Ge-
treuen ihre neue Herrlichkeit an: Baden sei also in den Kreis der großen
*) Neuerdings nachgewiesen von M. Lehmann, Scharnhorst I. 354.