Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

Friede von Preßburg. 227 
Mächte emporgehoben, Baiern solle bei nächster Gelegenheit noch weitere 
Vergrößerungen empfangen. Er stand jetzt auf der Höhe seiner Erfolge; 
noch hatte kein Mißgeschick die wundervollen Triumphe seiner glückhaften 
Fahnen getrübt. Staunend blickte Frankreich zu dem Unüberwindlichen 
empor; das deutsche Straßburg fühlte sich stolz, dem neuen Kaiserreiche 
als Ausfallspforte gegen sein altes Vaterland zu dienen und taufte sein 
Metzgerthor auf den Namen der Dreikaiserschlacht; in Paris sollte eine 
Trajanssäule den Ruhm des Imperators verherrlichen. 
Auf der Rückreise in München empfing Napoleon die unterthänige 
Danksagung des neuen Baiernkönigs, feierte die Vermählung seines Stief— 
sohnes mit einer Tochter des Wittelsbachers und vernahm befriedigt, wie 
Max Joseph dem jubelnden Volke die angebliche Wiederherstellung der an— 
gestammten, ursprünglichen bairischen Königswürde ankündigte: alle Baiern 
sollten fortan die blau-weiße Kokarde tragen „um sich gleichsam als Brüder 
zu erkennen und im Auslande die ihnen gebührende Auszeichnung zu er— 
halten“. Der Erzkanzler Dalberg eilte herbei zur Einsegnung der Neu— 
vermählten. Der Vielgewandte hatte während des Krieges in einer Auf— 
wallung patriotischer Gefühle einen verworrenen Aufruf an den deutschen 
Reichstag gerichtet und wehmüthig gefragt: „sollte der Name Deutschland, 
der Name deutsche Nation, der Name eines Volksstammes erlöschen, der 
ehemals den römischen Koloß besiegte?“ Er mußte jetzt harte Scheltworte 
hören weil er sich unterstanden „den deutschen Geist aufzuwecken“. Um 
den Gewaltigen ganz zu versöhnen ernannte er bald darauf den Oheim 
Napoleon's, Cardinal Fesch zu seinem Coadjutor; ein geringschätzig behan— 
delter Nebensproß des Hauses Bonaparte, ein Corse, der kein Wort deutsch 
verstand und die angebotene Würde nur ungern annahm, sollte also dem- 
nächst den vornehmsten Fürstenstuhl Deutschlands besteigen. Um dieselbe 
Zeit vermählte sich der badische Thronfolger mit Stephanie Beauharnais. 
Seinem Schwager Murat aber hatte Napoleon das preußische Cleve und 
das Herzogthum Berg zugedacht, das, einem alten Münchener Plane gemäß, 
jetzt von Baiern gegen Ansbach ausgetauscht wurde. Also hielt die Fa- 
milie Bonaparte ihren fröhlichen Einzug in die Reihen des hohen Adels 
deutscher Nation; der deutsche Fürstenstand erkannte die Gleichberechtigung 
der „vierten Dynastie Frankreichs“ förmlich an. 
Unterdessen traf Napoleon alle Anstalten um die Krone Preußen zur 
Annahme des Schönbrunner Vertrags zu zwingen. Die große Armee 
und die süddeutschen Truppen rückten gegen den Main vor, andere Corps 
wurden in Nassau und Holland bis dicht an Preußens Grenzen vor- 
geschoben. Als der Imperator nach Frankreich ging, ließ er Berthier in 
München, seine Pferde in Straßburg zurück; „schnell wie der Blitz“ wollte 
er jederzeit zurückkehren um zugleich vom Westen und Süden her seine 
Schaaren in Preußen einbrechen zu lassen. So standen die Dinge als 
Haugwitz nach langsamer Reise heimkehrte; er schmeichelte sich, durch seinen 
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