Knesebeck nach Wien. 409
wollten, mußten mit zerbrochenen Degen vor den Preußen fliehen, und
Murat wagte nicht die Schuldigen zu bestrafen.
Am 2. Januar erhielt Knesebeck seine Instruction für die geheime
Sendung an den Wiener Hof. Friedrich Wilhelm erklärte sich bereit
Frankreich zu bekämpfen, aber auch Rußlands Herrschaft in Deutschland
nicht zu dulden; darum solle Oesterreich als bewaffneter Vermittler auf-
treten, die Unabhängigkeit Deutschlands bis zum Rheine, die Vernichtung
des Rheinbundes fordern und im Falle der Weigerung die Waffen gegen
Napoleon ergreifen; der König selbst denke demnächst nach Schlesien zu
gehen, wo er in Freiheit seine Entschlüsse fassen könne. Das befreite
Deutschland müsse die einst in Bartenstein verabredete Verfassung erhal-
ten: preußische Hegemonie im Norden, österreichische im Süden; ein Auf-
ruf an die Italiener und die Neuordnung der Verhältnisse der Halbinsel
blieben dem freien Ermessen der Hofburg überlassen. Zugleich wurde
Scharnhorst, der seit seiner Entlassung in Schlesien lebte, über Alles
was im Werke war unterrichtet. Am nämlichen Tage traf die Nachricht
von der Tauroggener Convention in Potsdam ein. Sie war willkommen,
weil man nunmehr das VYork'sche Corps aus der Gewalt der Franzosen
befreit wußte, doch setzte sie zugleich den Staatskanzler in Verlegenheit,
da York allzufrüh „dem Fasse den Boden eingeschlagen“ hatte. Der
König beschloß den kühnen Schritt des Generals öffentlich zu mißbilligen,
insgeheim zu genehmigen.
Fast noch wichtiger als die Nachricht von der Convention selber er-
schien jenes Schreiben des Czaren an Paulucci vom 18. December, wel-
ches Dork dem Könige mittheilen ließ. Man war in Potsdam bisher
über Alexander's Absichten, über den Vormarsch der Russen wie über
die polnischen Verhältnisse ganz im Unklaren geblieben. Jetzt endlich
erfuhr der König, daß sein Freund in der That den Krieg auf deut-
schem Boden fortzusetzen bereit sei, und sofort gab er der Instruction
für Knesebeck den Zusatz: er werde sich für Rußland erklären, falls die
Russen die Weichsel überschritten. Dann wurde der Flügeladjutant
Major Natzmer zu Murat entsendet um die Absetzung des eigenmächtigen
Generals anzuzeigen und von da insgeheim zum Czaren zu reisen.
Währenddem lebte Hardenberg mit den französischen Generalen und
Diplomaten auf dem freundlichsten Fuße, gab Diner auf Diner, betheuerte
inbrünstig seine Entrüstung über York's unerhörte That, wich mit ver-
bindlichen Worten aus als Graf Narbonne ihm eröffnete, der Impe-
rator werde sich freuen, wenn der Kronprinz von Preußen mit einer
Murat oder Beauharnais sich verheirathe.) Der Gesandte Krusemark
in Paris mußte dringend mahnen an die Rückzahlung der von Preußen für
den Durchmarsch der großen Armee geleisteten Vorschüsse; die Regierung
*) Hardenberg's Journal, 7. Januar 1813.