Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

Schlacht bei Dennewitz. 489 
Der Lieblingsplan Napoleon's war abermals zu nichte geworden. 
Den Preußen allein gebührte die Ehre des Tages. Wieder hatte die 
Landwehr mit den alten Kerntruppen gewetteifert, und wieder hatten 
Deutsche mit Deutschen in wüthendem Kampfe gerungen. In der würt— 
tembergischen Armee, deren beste Truppen auf Ney's rechtem Flügel ge— 
standen, erzählten sich die Soldaten noch im Jahre 1866 mit zähem 
Groll, wie erbarmungslos die preußische Landwehr, vor Allen die hand— 
festen pommerschen Reiter bei Jüterbog unter den Schwaben aufgeräumt 
hatten. Die tapferen Sachsen fochten ihres alten Waffenruhmes würdig 
und wurden zum Dank in den napoleonischen Bulletins der Feigheit be— 
zichtigt. Die unglückliche kleine Armee begann die Schmach rheinbündi— 
scher Dienstbarkeit zu fühlen; nach der Dennewitzer Schlacht ging ein 
Bataillon des Leibregiments zu den Preußen über. König Friedrich August 
aber legte sogleich die Uniform der entehrten Truppe ab, blieb dem Großen 
Alliirten, der ihm sein Heer beschimpfte, unwandelbar ergeben. — 
Nach den Anstrengungen dieser wilden Tage bedurfte die böhmische 
Armee einiger Erholung. Während die Waffen ruhten arbeitete die 
Diplomatie um so eifriger. Kaiser Franz war seit dem Siege von Kulm 
nicht mehr geneigt auf die zärtlichen Betheuerungen zu hören, die ihm 
der Schwiegersohn noch immer zusendete. Am 9. September wurden zu 
Teplitz drei fast gleichlautende Bundesverträge, die an die Stelle der vor- 
läufigen Reichenbacher Abrede traten, von den Allürten unterzeichnet. 
Sie setzten fest was Preußen von vornherein verlangt hatte: Auflösung 
des Rheinbundes, gänzliche Beseitigung der Herrschaft Frankreichs und 
der Napoleoniden auf dem rechten Rheinufer, Herstellung des Besitz- 
standes von 1805 für Oesterreich und Preußen. Die Mächte verpflichteten 
sich in feierlichster Form keinen Friedensvorschlag Frankreichs auch nur 
anzuhören, ohne ihn sofort den Verbündeten mitzutheilen. Trotzdem 
ward ein rückhaltloses Einverständniß keineswegs erreicht. Der Czar 
hüllte seine polnischen Pläne noch immer in ein tiefes Dunkel. Er hatte 
in Reichenbach zugestanden, das Herzogthum Warschau solle unter den 
drei Ostmächten vertheilt werden. Dies Versprechen schloß, buchstäblich 
verstanden, ein Königreich Polen unter russischem Scepter nicht aus, vor- 
ausgesetzt nur, daß Preußen und Oesterreich einige Theile von Warschau 
erhielten. In dem Teplitzer Vertrage wurde die Zusage sogar noch ab- 
geschwächt; er bestimmte einfach, daß eine freundschaftliche Verständigung 
zwischen den drei Höfen über das künftige Schicksal Warschaus erfolgen 
solle. Der glückliche Besitzer von Warschau hatte also gar keine bestimmte 
Verpflichtung übernommen. 
Seitdem hing die polnische Frage wie eine Wetterwolke über der 
großen Allianz. Alle Eingeweihten wußten, wie Graf Münster in seinen 
Berichten dem Prinzregenten oft wiederholte, daß vornehmlich die Sorge 
um die Zukunft Polens den zaudernden Gang der österreichischen Politik
	        
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