Schlacht bei Wachau. Der 18. October. 505
eichts mehr von der gewohnten Kälte und Sicherheit der politischen Be—
rechnung; sein Hochmuth wollte sich den ganzen Ernst der Lage nicht ein—
gestehen, wollte nicht lassen von unmöglichen Hoffnungen. Der Impe—
rator that das Verderblichste was er wählen konnte, versuchte durch den
gefangenen Merveldt Unterhandlungen mit seinem Schwiegervater anzu—
knüpfen und gewährte also den Verbündeten die Frist ihre gesammten
Streitmassen heranzuziehen. Am 17. October ruhten die Waffen, nur
Blücher konnte sich die Lust des Kampfes nicht versagen, drängte die Fran—
zosen bis dicht an die Nordseite der Stadt zurück.
Am 18. früh hatte Napoleon seine Armee näher an Leipzig heran—
genommen, ihr Halbkreis war nur noch etwa eine Stunde von den Thoren
der Stadt entfernt. Gegen diese 160,000 Mann rückten 225,000 Ver—
bündete heran. Mehr als einen geordneten Rückzug konnte der Impe—
rator nicht mehr erkämpfen; er aber hoffte noch auf Sieg, wies den Ge—
danken an eine Niederlage gewaltsam von sich, versäumte Alles was den
schwierigen Rückmarsch über die Elster erleichtern konnte.
Die Natur der Dinge führte endlich den Ausgang herbei, welchen
Gneisenau's Scharfblick von vornherein als den einzig möglichen angesehen
hatte: die Entscheidung fiel auf dem rechten Flügel der Verbündeten. Na—
poleon übersah von der Höhe des Thonbergs, wie die Oesterreicher auf
dem linken Flügel der Alliirten abermals mit geringem Glück den Kampf
um die Dörfer an der Pleiße eröffneten, wie dann das Centrum der Ver—
bündeten über das Schlachtfeld von Wachau herankam. Es waren die
kampferprobten Schaaren Kleist's und des Prinzen Eugen; über die un-
bestatteten Leichen der zwei Tage zuvor gefallenen Kameraden ging der
Heerzug hinweg, man hörte die Knochen der Todten unter den Hufen der
Rosse und den Rädern der Kanonen knarren. Vor der Front der Angreifer
lagen langhingestreckt die hohen Lehmmauern von Probstheida, auf beiden
Seiten durch Geschütze gedeckt — der Schlüssel des französischen Centrums.
Unter dem Kreuzfeuer der Batterien begann der Angriff, ein sechsmal
wiederholtes Stürmen über das offene Feld, doch zuletzt behauptete sich
Napoleon's Garde in dem Dorfe, und auch Stötteritz nebenan blieb nach
wiederholtem Sturm und mörderischem Häuserkampfe in den Händen der
Franzosen; man sah nachher in den Gärten und Häusern die Leichen von
Russen und Franzosen, die einander gegenseitig das Bajonett durch den
Leib gerannt, angespießt auf dem Boden liegen. Unmittelbar unter den
Augen des Imperators ward auch heute den Verbündeten kein entscheiden-
der Erfolg, obgleich sie dicht an den Schlüsselpunkt seiner Stellung heran-
gelangten. Indessen rückte auf ihrem rechten Flügel das Nordheer in die
Schlachtlinie ein, füllte die Lücke, welche die böhmische Armee von der
schlesischen trennte, schloß den großen Schlachtenring, der die Franzosen
umfaßte. Es hatte der Mühe genug gekostet, bis Karl Johann, der am
17. endlich bei Breitenfeld auf der alten Stätte schwedischen Waffenruhmes