Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Zweiter Teil. Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. (25)

Metternichs Manifest über den Art. 13. 167 
deren beschaulicher Lebenslauf sich gemeinhin in drei Akten abspielte: Auf- 
fahrt der Herren Stände in ihren Staatskarossen, Vorlesung und ein- 
stimmige Annahme der landesherrlichen Postulate, endlich Wiederabfahrt 
der Herren Stände in den nämlichen Staatskarossen. Nur einmal, im 
Herbst 1817, verfiel Metternich auf den Plan, einige Abgeordnete dieser 
Landtage nebst den Spitzen des Beamtentums zu einem Reichsrate zu 
versammeln; doch da Kaiser Franz den verwegenen Neuerungsvorschlag 
achtzehn Jahre lang, bis zu seinem Tode, in seinem Pulte liegen ließ, so 
verfolgte der Minister den Gedanken nicht weiter und verharrte bei dem 
bewährten Grundsatze der Stabilität. Wie hätte er also den Argwohn der 
deutschen Souveräne erwecken mögen wegen dieses Art. 13, der doch nur 
durch die Ideologen Hardenberg und Humboldt in die Bundesakte gelangt 
war? Sobald ihm der bayrische Minister Rechberg, erschreckt durch jene Ab- 
stimmung über den weimarischen Antrag, lebhafte Besorgnisse vor mög- 
lichen Ubergriffen der Bundesversammlung aussprach, benutzte Metternich 
gern die Gelegenheit, um die kleinen Höfe über die Unschädlichkeit des Bun- 
destages zu beruhigen und sendete an den Gesandten Hruby in München 
eine lange Denkschrift (11. Dezbr. 1817), die unter dem Titel eines „Mani-= 
festes“ auch den anderen Kabinetten mitgeteilt wurde. Sie erwies — 
nach einer pathetischen Schilderung der unvergleichlichen Vorzüge des deut- 
schen „Föderativstaates": — der Bundestag könnte nur dann eine selb- 
ständige Gewalt ausüben, wenn alle Fürsten persönlich daran teilnähmen; 
gegenwärtig genüge „die Zurückberufung eines einzigen aufwiegelnden, daher 
untreuen Gesandten", um allen Ubeln vorzubeugen. „Der Kaeiser ist 
überzeugt, daß der kleine weimarische Staat bis zur Stunde mehr Unheil 
über Deutschland zu verbreiten berufen ist, als die Bundesversammlung 
in ihrer gesetzlichen Lage, selbst in kaum denkbaren Fällen zu tun ver- 
möchte.“ Am wenigsten dürfe sich der Bund um die Ausführung des 
Art. 13 kümmern. „Die natürliche und höchst einfache Berücksichtigung der 
Umtriebe, welche sich heute Ruhestörer jeder Art, in der Absicht den Zeit- 
geist aufzuregen, erlauben, fordert unbedingt, daß die Bundesversammlung 
sich der Initiative enthält. Das Gesetz besteht; dieses muß für den Augen- 
blick genügen; die Anwendung des Gesetzes muß der Weisheit jeder ein- 
zelnen Regierung überlassen bleiben.“) 
So fern lag dem Wiener Hofe noch der Plan, durch Bundesbeschlüsse 
die konstitutionelle Bewegung zu hemmen. Die erste Anregung zu einer reak- 
tionären Bundespolitik kam vielmehr von dem Monarchen, welcher damals 
neben Karl August in der Volksgunst am höchsten stand. Der ehrgeizige 
junge König Wilhelm von Württemberg hatte sich seit seiner Thronbesteigung 
redlich bemüht, den ärgerlichen Verfassungsstreit, den er von seinem bösen 
Vater überkommen, abzuschließen und seinen Ständen schon zweimal ver- 
  
*) Metternich an Hruby, 11. Dezember 1817.
	        
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