Die Schauspielkunst. 21
worden, so begannen die Landstände bereits über Verschwendung zu klagen
und willigten schon nach drei Jahren freudig ein, als der König sich be—
reit erklärte die Unterhaltung des Hoftheaters wieder aus der Ziodilliste
zu bestreiten. Die Monarchen sorgten meist mit rühmlichem Eifer für
die äußere Ausstattung ihrer Theater sowie für die Berufung einzelner
bedeutender Kräfte; die alten sozialen Vorurteile gegen den Schauspieler-
stand begannen sich zu mildern seit man die Bühne in so nahem Ver-
kehre mit den Höfen sah.
Gleichwohl hat die Schauspielkunst durch die Hoftheater wenig ge-
wonnen. Nach Ifflands Tode betraute König Friedrich Wilhelm den
Grafen Brühl mit der Leitung der Berliner Hofbühnen, einen liebens-
würdigen, feingebildeten Mann, der aber weder dramatischer Dichter noch
Schauspieler war und sich nur mit dem Eifer des geistreichen Kenners
die strengen klassischen Grundsätze der Weimarischen Theaterschule ange-
eignet hatte. Das gefährliche Beispiel fand rasche Nachfolge; bald wurde
an allen Höfen das Amt des Theater-Intendanten zu den hohen Hof-
würden gezählt, die Leitung der größten deutschen Theater ging den
geschulten Fachmännern verloren und fiel in die Hände hochgeborener
Dilettanten.
Wohl hielten die guten Uberlieferungen aus der alten Zeit noch
eine Weile vor. Der Mangel an schönen neuen Stücken ward noch nicht
allzu fühlbar, da die Dramen der klassischen Epoche noch auf allgemeine
Teilnahme rechnen konnten und Shakespeares Werke jetzt erst auf der
deutschen Bühne sich völlig einbürgerten. Die Hoftheater von Berlin,
München, Karlsruhe, Braunschweig zeichneten sich durch manche tüchtige
Leistungen aus, ebenso das altberühmte Hamburger und das neue Leipziger
Stadttheater. In Berlin fand die realistische Richtung, die hier einst
durch Fleck die Herrschaft erlangt hatte, an Ludwig Devrient einen ge-
nialen Vertreter. Welche grauenhafte, diabolische Kraft lag in seinem
Richard III., welcher Ubermut naturwüchsigen Humors in seinem Fal-
stafff Fast erstaunlicher noch, wie er selbst kleine Nebenrollen zu heben
wußte; als Knecht Gottschalk im Käthchen von Heilbronn traf er den Ton
der einfältigen Treue und Wahrhaftigkeit so wunderbar glücklich, daß den
Hörern die ganze unverstümmelte Kraft und Größe des alten deutschen
Lebens mit einem Male vor die Seele trat. Jedoch die feste künstlerische
Zucht der Bühne lockerte sich nach und nach. Die neue romantische
Sittenlehre ermutigte jedes Talent sich rücksichtslos vorzudrängen und
seine Eigenart durchzusetzen; die vornehmen Intendanten aber besaßen weder
die Sachkenntnis um durch das eigene Beispiel die Einheit des Stiles in
der Truppe aufrechtzuhalten, noch das Ansehen um die Mitglieder in ihre
Schranken zurückzuweisen. Ein so gleichmäßig durchgebildetes und abge-
rundetes Zusammenspiel, wie es einst die Hamburger zu Ekhofs, die
Berliner zu Ifflands Zeiten entzückt hatte, brachten die glänzenden neuen