Die Kommission für das Preßgesetz. 495
der Verfolgung und der Unterdrückung durch einige Maßregeln verstän-
diger Strenge vielleicht noch abzuwenden war.
Da die Minister nichts von sich hören ließen, so ging Hardenberg
selbständig vor. Schon am 11. Jannar, an dem nämlichen Tage, da die
Kabinettsordre an das Ministerium ging, hatte Altenstein den Befehl
erhalten, dem Verfasser des „Geistes der Zeit“ eine Verwarnung wegen des
neuesten Bandes erteilen zu lassen. Graf Solms-Laubach vollzog den
Auftrag, sichtlich ungern und so schonend als möglich; Arndt aber gestand
in einem tapferen Briefe dem Staatskanzler zu, daß er einzelnes „Un-
zeitige und Ungemessene“ in seinem Buche bedauern müsse; doch seine
Absicht sei rein, seine Treue unerschütterlich, die Verwarnung habe er
allein der Angeberei seines Todfeindes, des Geh. Rats Kamptz zu ver-
danken. Im März erfolgte sodann die vorläufige Schließung der Turn-
plätze in der ganzen Monarchie, die Turnsperre, wie Jahn sich ausdrückte
— ein nach dem argen Unfug der letzten Monate unvermeidlicher Schritt,
der keineswegs zur Unterdrückung des Turnens führen sollte. Man be-
absichtigte lediglich die Turnstunden in den regelmäßigen Schulunterricht
einzufügen und dann die Turnplätze wieder zu eröffnen; der Entwurf
einer allgemeinen Turn-Ordnung war bereits im Unterrichtsministerium
ausgearbeitet und lag dem Monarchen zur Unterzeichnung vor.
Am 30. März befahl Hardenberg den Ministern, da sie noch immer
schwiegen, die Ernennung einer Kommission für die Ausarbeitung des
Preßgesetzes; das Maß von Freiheit oder Beschränkung, welches der preu-
Hische Staat seiner Presse gewähre, müsse auf den Entschluß der Bundes-
versammlung von entscheidendem Einfluß sein. Der Berichterstatter der
Kommission, Geh. Rat Hagemeister, ein aus schwedischen Diensten her-
übergekommener trefflicher Jurist, war ein Gegner der Zensur, und da
auch die Geh. Räte Nicolovius und Köhler die Preßfreiheit mindestens
als Regel anerkennen wollten, so stand von der Kommission ein ver-
ständiger Entwurf zu erwarten, obgleich ihr Ancillon als viertes Mit-
glied angehörte. UÜberhaupt zeigte sich noch nirgens ein Stillstand in
der Reformpolitik Hardenbergs. Noch im Sommer, bei der Eröffnung
des Rheinischen Kassationshofes zu Berlin, sprachen Präsident Sethe
und Generalprokurator Eichhorn in feierlicher Rede die Hoffnung aus:
das rheinische, in Wahrheit altdeutsche, mündliche Verfahren werde, wenn
es hier die Probe bestehe, dereinst den Schlußstein der fridericianischen
Justizverbesserung bilden. Auch die Preußische Staatszeitung, welche Stäge-
mann, der treue Mitarbeiter Steins, seit Neujahr erscheinen ließ, be-
kundete überall, daß die Regierung in vieler Hinsicht freier dachte als
die Nation; sie verteidigte die neuen wirtschaftlichen Reformgesetze gegen
das volkstümliche Vorurteil, und ward sie einmal ausfällig gegen die
Liberalen, so geschah es zumeist nur um den partikularistischen Dünkel
zurückzuweisen, wenn etwa Mallinckrodt in Dortmund oder ein anderer